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KREIS - Interview in Wiesbaden (März 2014)

Die Band KREIS gehört zu den noch unbekannten Größen ihres Genres, aber das wird sich bei weiteren Auftritten und dem neuem Album wohl bald ändern.

Die Band KREIS gehört zu den noch unbekannten Größen ihres Genres, aber das wird sich bei weiteren Auftritten und dem neuem Album wohl bald ändern.

Hallo, schön euch nach so einem erfolgreichen Konzert anzutreffen. Wie hat das damals eigentlich mit euch angefangen, ihr habt ja zum Teil gemeinsam in Maastricht studiert?

Im Grunde hat einer angefangen mit jemanden zu studieren, man kannte sich aus anderen Bands, welche sich teilweise aufgelöst haben und über mehrere Ecken beschloss man dann, etwas gemeinsam zu unternehmen. Lustigerweise hat auch Kai, der Drehleiher-Spieler mit mir studiert und da es ein sehr sehr sehr seltenes Instrument ist, haben wir beschlossen mit ihm auch was zu machen. Er ist damit aufgewachsen, seine Eltern sind so Folk-Leute und wurde dann auch unterstützt, gehört zu den vier oder fünf Leuten in den Niederlanden, die das spielen. Ja und so kam das dann, wir kamen irgendwie alle aus der Ecke und damit hat das angefangen, die Entstehung war nicht geplant.

Ich kannte euch vorher nicht und bin wegen Radare gekommen und ihr habt mich dann total überrumpelt, vielen im Publikum ging es genau so, dieses gleichzeitige Empfinden von absoluter Glückseeligkeit und hingebungsvoller Traurigkeit. Zusammenhänge mit Alcest sind klar erkennbar, deren Musik wirkt jedoch sonniger, lichtdurchflutet. Was hat euch dazu ermutigt, Musik mit mehr Tiefgang zu machen?

Vermutlich die Tatsache, dass wir selber Menschen mit vielen Abgründen sind, sehr nachdenklich. Zum Sonnenschein gehört auch immer Regen und Sturm und da gab es zeitweise viel davon. Komplexere Emotionen, aber wir wissen vermutlich selber nicht, was wir genau fühlen und das kommt dann durch unsere Musik zum Ausdruck. Wir haben diese Gefühle viel besser unter Kontrolle, wenn es um andere Kunstformen geht, um bildende Kunst. Da checken wir viel besser, was wir wollen oder tun. Wenn es ums Musik-machen geht, dann lassen wir da alle Bremsen los, denken nicht mehr drüber nach und machen das einfach. Und dann entstehen solche Sachen.
Letzte Woche war einer von uns in Maastricht, bei einer Universität für Musik. Ein Freund von ihm hat da studiert, hat da auch eine Band. Er war super überrascht und fand es sehr gut, was sie gemacht haben. Sie saßen da mit ihren Notenblättern, spielen Musik vom Blatt. Das ist beeindruckend, aber das entsteht nicht aus dem Gefühl heraus. Das wurde vermutlich geschrieben, bevor es gespielt wurde und das finden wir eben krass. Wenn wir das machen, dann sitzen wir da, einer spielt einen Riff und die anderen gehen darauf ein. Natürlich bereiten wir auch etwas vor, aber man setzt sich nicht Tage lang hin und macht sich Gedanken da drüber. Sowas entsteht in kurzer Zeit. Man trifft sich dann ein Mal in ein oder zwei Wochen und trägt das zusammen. Bei uns ganz stark vertreten ist der Konzept-Gedanke. Das erste Album ist stark davon geprägt gewesen, das neue wird es aber noch mehr. Und dadurch, dass das Konzept diese Emotionen enthaltet, eine Art Guideline ist, denkst du bei der Musik nicht mehr da drüber nach sondern machst das einfach. Das erste Album ist ohne Konzept entstanden und wurde dann passend zu etwas gemacht, was ich im Internet gefunden habe.

Was war das?

In Japan gibt es einen Selbst-Mord-Wald, dort wird das gesellschaftliche Problem gelöst. Menschen, die nicht mehr mit der Welt klar kommen, können ihrem Leben dort ein Ende bereiten. Und wir haben dann darüber nachgedacht, was für Emotionen die Menschen begleiten, dass es nicht nur Trauer und Angst, Verzweiflungen und Depressionen sind. Was fühlt diese Person, wenn sie durch diesen Wald geht? Vielleicht widerfahren ihr dort auch schöne Dinge, denkt sie darüber nach was sie tut? Vielleicht schon etwas spirituell, dass man sich abtrennt von der Gesellschaft, mit sich selber abgeschlossen hat. Wie man die Dinge dann wahr nimmt. Das Konzept ist dann, dass die Person sieht, dass man leben und zufrieden sein kann, wenn man nicht an der Gesellschaft teil nimmt. Man könnte in dem Wald leben, muss nicht mit vielen Menschen zusammen sein, nur um glücklich zu sein. Das haben wir versucht in diesem Album zum Ausdruck zu bringen.

Und welches Konzept verfolgt ihr dann bei seinem Nachfolger?

Das neue Album ist dann auf das ganze Leben bezogen, von der Geburt bis zum Ende. Wo man sein Dasein von der Erde löst. Vom Baby zur Jugend über die Kindheit. Es folgt das Alter in dem wir jetzt sind, wo man anfängt, sich nieder zu lassen und seine Pläne auch realisiert. Und der Moment wo der Alltag dann über einen kommt und alles nur mehr gleich ist, bis hin zur Resignation und dem Tod. Das wird dann auch ein zweiseitiger LP. Die Jugend, Freiheit und das Glücklichsein, das Erblühen und dann der Umbruch, der Verfall und Untergang. Der ewige Kreislauf, was ja auch passend ist für unserem Namen ist.

Wie wollt ihr euren Band-Namen eigentlich ausgesprochen haben?

Kreis. Nicht "o", was aber viele sagen, sondern der Kreis, das Symbol.

Der zieht sich ja auch durch eure Live-Show, in den Video-Visualisierungen. Damit habt ihr das Publikum und mich überrascht, dermaßen durchdachte Bilder kennt man eher von bekannteren Bands, zum Beispiel The Ocean Collective mit ihrem neuem Album (erschien letztes Jahr im Mai) Pelagial zu dem sie ja auch eine sehr beeindruckende Video-Live-Performance geliefert haben. Aber diese Band kennt man, die sind schon eine gewisse Größe, ihr seit noch relativ unbekannt und dann kommt ihr bei eurem Konzert mit einer dermaßen durchdachten Leinwand-Darstellung, die wohl mehrere sehr stark beeindruckt hat. Wie macht ihr das?


Wir machen alles selber, da wir ja auch alle aus dem kreativen Bereich kommen. Viele von uns studieren Kunst in den verschiedensten Richtungen, Jan hat ein Studio, wir nehmen selber auf, kreieren unsere Videos selber, alles kommt von uns. Und es ist natürlich schwer so etwas persönliches aus der Hand zu geben. Deswegen bin ich auch froh drum, dass wir das alles gemeinsam machen können, von der Musik bis zur Visualisierung. Wir haben nur unsere zwei befreundete Fotografen aus Maastricht (Felix Baumsteiger und Michael Biermanns, laut Aussage der Band). Beide arbeiten analog und basteln auch viel in der Dunkelkammer. Für das neue Album wird da auch was Fantastisches kommen, so viel darf ich schon verraten. Das hat ganz viel Seele und Tiefgang. Wir würden auch nie irgendjemanden fragen nur weil uns die Arbeiten gefallen, da fehlt uns der persönliche Bezug, der Hintergrund. Das ist auch der einzige Aspekt, die Fotografie, wo jemand anders etwas realisieren darf, aber wir kennen uns auch sehr gut, es sind gute Leute und die wollen wir damit unterstützen.

Warum macht ihr Musik?

(Sie lachen) Wir können nichts anderes (weiteres lachen). Wir wollen nichts anderes. Musik ist unsere Flucht vom Alltag. Wenn wir uns am Sonntag, unseren Urlaubstag von der Woche, im Proberaum treffen, dann vergessen wir mal unsere Arbeit und all die Probleme davon. Es ist schwer zu sagen, warum wir Musik machen. Das ist in einem drin und geht auch nicht mehr weg. Wenn wir arbeiten, dann um Geld zu verdienen. Das geht leider nicht anders in unserer Gesellschaft. Musik kann auch einem keiner nehmen. Haus, Auto und Geld, das kann man alles verlieren, die Musik nicht, die lebt in uns. Gestern standen wir auch mal wieder im Proberaum und man schaut sich gegenseitig in die Augen, weiß, dass der eine pleite ist, der andere Probleme im Job hat. Und dann stellt man fest, dass das jetzt alles aber keine Rolle spielt, weil wir zusammen sind und unsere Musik machen können. Der Abend war auch sehr intensiv, seit November haben wir nicht mehr zusammen gespielt, uns nur auf die neuen Songs konzentriert. Wir haben auch sehr spät mit der Probe angefangen, einige kommen auch von weiter weg. War alles sehr stressig, alles musste schnell aufgebaut werden. Dann haben wir den ersten Ton gespielt und hatten dieses "Endlich"-Gefühl gehabt. Und heute standen wir hier und durften mit Radare spielen, was für uns natürlich eine große Ehre war und wir mögen uns auch sehr gern, das sind ganz klasse Jungs.

Wie sieht es mit kommenden Konzerten aus?

Ja, da kommen noch einige, aber da werden nur alte Sachen gespielt. Am 6.6.2014  kommt dann das neue Album (When Plants turn into Stones soll der Titel lauten) raus. Das sind jetzt auch nur mehr ein paar Tage wo wir was da dran machen können, dann wird das nach Kanada geschickt, zu dem Typ der auch die letzte God Speed Platte gemastert hat. Wir sind dann gespannt, was der draus macht und dann ist es auch schon so weit, dann geht es los. Die wird auch auf CD erscheinen.

Letzte Frage: Welche Bands, die ihr persönlich kennt, die momentan aber noch relativ unbekannt sind, würdet ihr weiter empfehlen?

Mhm, wir kennen da eine, die aber einen bescheuerten Namen haben, aber so merkt man sich die. Amish Winehouse heißen die. Die Musik ist aber wunderschön, ein Akustik-Projekt von Freunden aus Maastricht von uns. Und die Jungs müssen mal aus ihrem Loch raus kommen. Die nehmen Musik sehr ernst und machen sehr schöne melancholische Musik.

Cool, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Interview!

Ja bitte, sehr gern geschehen.


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  • Erstellt am

    06. April 2014
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