Skip to main content

Inzwischen gibt es ja mehr Menschen mit RAMONES Shirts als Fans mit RAMONES Platten. Eher zweite Gruppe wird sich für die nun vorliegende Autobiographie von Marky Ramone interessieren, deren Titel es erfreulicher weise nicht ganz trifft.

Denn Marc Bell (Klar, dass man mit dem Namen Schlagzeuger wird. Hätte Burton C. auch mal lieber versuchen sollen, anstatt live clean zu singen....) ist mehr als Marky Ramone. Ehe er den Punk Rock Pionieren beitrat, hat er schon in wegweisenden Bands wie DUST, WAYNE COUNTY und RICHARD HELL & THE VOIDOIS getrommelt.
In angemessener Kürze geht es auf den ersten Seiten um die (musikalische) Sozialisation von Marc (damals noch mit c) in New York. Anschließend beschreibt er seine ersten Erfahrungen als Musiker. Ehe er bei den RAMONES einstieg, gab es schon Touren mit The Clash und anderen. Interessant ist auch der Blick auf die Plattenindustrie. Bereits 1972 wurde er gewarnt, die Labels wollten die Bands kommerziell ausschlachten. - es war früher wohl doch nicht alles besser. Nach etwa einem Drittel des Buchs geht es dann um seinen Einstieg bei den RAMONES. Als Tommy sich entschloss, die Band zu verlassen, schlug er Marc als Nachfolger vor und der ist seitdem als MARKY RAMONE unterwegs. 
Seine Feuertaufe lieferte Marky 1978 nach Einarbeitung durch Tommy auf ´Road To Ruin´. Zu diesen und den weiteren Aufnahmesessions gibt es anekdotenreiche Erzählungen. Interessant ist, dass die RAMONES bei dem 1980ger Album zu Produzent Phil Spector wechselten, der für seine „Wall Of Sound“ bekannt war. Zu der Zeit sind viele Musiker, die sich heute als „innovativ“ bezeichnen und sich mit diesem Begriff rühmen noch mit der Trommel um den Weihnachtsbaum gelaufen  (wenn überhaupt schon).
Es ist ja bekannt, dass Marky wegen seines Alkoholproblems 1983 gefeuert wurde und erst 1987 wieder einstieg. Marky schildert diese Zeit sehr ehrlich von der Verleugnung über die Ambivalenzen nach dem Tod seines Idols John Bonham (der stark alkoholisiert an seiner Kotze erstickte) und einem wegen Suffs verpassten Konzert bis zu seinem Entschluss aufzuhören und dem Besuch von Kliniken und Selbsthilfeeinrichtungen. Da kommt mir das Zitat von Biff Malibu, dem Sänger von Gluecifer in den Sinn: „Party machen ist super, Alkoholiker sein ist Scheiße“.
Erfreulich ist, dass Marky bei den Schilderungen über die nach dem Wiedereinstieg noch konfliktreichen Zeiten darauf verzichtet, schmutzige Wäsche zu waschen. Die psychischen Probleme von Joey, das Drogenproblem von Dee Dee und die herrische Art von Johnny waren ja schon vorher bekannt.
Marky liefert mit diesem Buch das Gegenstück zu Johnnys Autobiografie, die passenderweise „Commando“ betitelt ist. Die selbstverliebten, großmauligen Darstellungen machten es mir schwer, Commando bis zum Ende durchzulesen. Im Gegensatz dazu äußert sich Marky sehr wertschätzend über Bandmitglieder und andere Musiker ohne dabei in Harmoniegeseier zu verfallen. Es ist klar, dass es beispielsweise deutliche Unterschiede in den politischen Auffassungen gab, aber Marky stellt auch die Stärken der Anderen bei all ihren Macken und den Konflikten heraus. Auch sich selbst verschont er nicht immer. So schreibt er beispielsweise dass er bei Rock ´n´ Roll Highschool noch alberner aussah als er befürchtet hatte.
Vielen wurde erst später bewusst, wie szenerelevant diese Band war. Die RAMONES wurden erst später zum Megaseller. Selbst zu Markys Einstand stellte der Manager die Shirts noch selber in seiner Wohnung mit Siebdruck her. Den Einfluss auf viele Genres belegt auch die große Schar von bekannten Musikern, die sich als Fans outen. Wer dazu mehr wissen will, sollte sich ´Soundtrack of Our Lives´ besorgen, in dem zig Musiker von Dan Swanö und Mille bis zu Bela B und Henry  Rollins sich zu dem Einfluss der RAMONES auf ihr Leben äußern. Wem es um eine neutrale Aufarbeitung der Bandgeschichte geht, dem sei ´Hey Ho Let's Go – Die Story der Ramones´ von Everett True empfohlen. Im Gegensatz dazu ist auch diese Autobiograpie logischerweise subjektiv.

´Punkrock Blitzkieg Punk´ ist eine Pflichtlektüre aller Schüler, die die Rock ´n´ Roll Highschool besuchen. Sie bietet auf 336 Seiten einen gut zu lesenden Einblick sowohl in die Bandchemie der RAMONES als auch in das Leben von Marc Bell alias Marky Ramone. Man sollte die Lektüren dieses Buches zur Bedingung machen, sich ein ein RAMONES Shirt bei H&M kaufen zu dürfen, dann blieben uns schreckliche Bilder wie Heidi Klum in einem pinken RAMONES Shirt sicher erspart. Für Fans der Band heißt es: Hey Ho Let's Read!

Kategorie

V.Ö.

25. September 2015

Verlag

Iron Pages

Bewertung

1

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.