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Dornenreich

Daß “Her von welken Nächten“ alles andere als ein gewöhnliches Album ist, dürfte dem scharfsinnigen Freund tiefgreifender Klänge mittlerweile nicht mehr unbekannt sein.

DORNENREICH ist es mit ihrer dritten Manifestation nämlich gelungen, ein vor Intensität berstendes Album einzuspielen, welches zu keinem Zeitpunkt in oberflächliches Geplänkel abdriftet und mir mit seiner unbändigen Leidenschaft, ergreifenden Emotionalität und überwältigenden Dynamik alle Sinne zu benebeln weiß. Ja, “Her von welken Nächten“ ist dieses eine Werk, welches alles bisher dagewesene in den Schatten stellt, die Meßlatte für zukünftige Werke nahezu unerreichbar hoch legt und dessen perfekte Schönheit, Gefühlswahrhaftigkeit und ästhetisch, mystische Naturverbundenheit, nur schwerlich in Worte gekleidet werden kann. Die folgenden Gedankenfetzen stammen aus einem weitaus umfangreicherem Interview mit Evíga, das seiner baldigen Veröffentlichung in der ersten Ausgabe des The Sunset Magazins entgegensieht... Was hat in dir den Wunsch hervorgerufen, so starke, ehrliche und intensive Kunst zu kreieren, wie du sie nun erschaffst? Was waren nach dieser Erkenntnis deine ersten künstlerischen Gehversuche und was führte schließlich zur Gründung von DORNENREICH? „Wenn ich hier so darüber nachsinne, kann ich all die aufrichtige Intensität für welche DORNENREICH steht, kaum an einem prägenden Schlüsselerlebnis festmachen. So glaube ich eher, daß sich dieser ursprüngliche Ausdrucksdrang geradewegs zu mir in die Wiege gebettet hat. Ja, das spornt mich an, etwas Schicksalhaftes, Vorherbestimmtes anzunehmen. Für mich wäre es nämlich wenig erfüllend, meine künstlerischen Ambitionen als bloße weltlich-banale Reaktion auf ein besonderes Ereignis in meiner Kindheit zu verstehen. Natürlich, daß es eine Akustikgitarre sein würde, die sich mir zur ersten Erkundung in den Blick senken sollte, war wohl nicht unbedingt vorherbestimmt und es ist dies auch nicht weiter wichtig. Es war demnach nie ein Wunsch nötig, es war alles nur eine Frage des Heranreifens, bis zu dem Zeitpunkt, an welchem mir bewußt wurde, daß diese Welt tatsächlich Möglichkeiten für mich bereithält, mein Innenleben mitzuteilen, nämlich Silben, Klangfarben, Melodieführung, Harmonieentwicklung Photographie, Film, ... Obwohl, ‚Zeitpunkt‘ führt eigentlich fehl, denn – wie Eingangs erwähnt – gibt es dieses eine Schlüsselerlebnis (diesen Zeitpunkt) ja gar nicht. Wenigstens ist mir nichts dergleichen bewußt. Wie auch immer, gewiß ist, daß mein heutiges künstlerisches Bewußtsein auf einem Ineinandergreifen von innerer Anlage und äüßeren Bedingungen beruht. Das heißt, mein ursprüngliches kreatives Streben wurde bereits in frühester Jugend durch ein künstlerisches Umfeld gefördert, zumal mein Vater ja Bühnenbildner ist, und er mich am gesamten Theatergeschehen (Orchester, Schauspiel, Licht, ästhetik, Theatralik,...) schon von Kindesbeinen an teilhaben ließ. Zudem kommen jene gedanklichen und emotionalen Welten, die sich im Laufe meiner Schulzeit durch Philosophie, Psychologie und Literatur erstmals detaillierter erschlossen bzw. kundgaben. Demzufolge haben sich in mir – über die Jahre der verspielten Kindheit und ungestümen Jugend hinweg – Ideen und Visionen ausgebildet, für welche ich seit meinem dreizehnten Lebensjahr versucht habe, andere Menschwesen zu begeistern. In den ersten Jahren meines tatsächlichen Aktiv-Werdens hatte ich allerdings zahlreiche Enttäuschungen zu erleben, wobei ich vor allem erkennen mußte, daß die Leidenschaft, die in meiner Brust stürmt, unter Menschen im Grunde eine wahre Seltenheit zu sein scheint. Mitte 1996 traf ich dann aber auf Valñes. Ihn mußte ich nicht erst überzeugen, hatte er in sich doch genauso starke Vorstellungen und eine ebenso brodelnde Leidenschaft wie ich selbst. So treiben wir einander seitdem gegenseitig voran – auf mystischen Pfaden. Gilván lernten wir im April 1997 kennen. Er ließ DORNENREICH schließlich zu einem festen Bandgefüge werden. Fortan teilten wir drei Vision bzw. Intention, uns in intensiver und naturmystischer Weise mitzuteilen.“ Teilen die anderen Mitglieder DORNENREICHs deine Einstellung bezüglich Kunst, oder würdest Du Euch eher als Zweckgemeinschaft, von unterschiedlichst denkenden Menschen bezeichnen, welche auf dem kleinsten, möglichen Nenner zusammenarbeiten? „Wie ich bereits andeutete, teilen wir drei eine grundlegende Einstellung bezüglich unseres künstlerischen Ausdrucks. Nichtsdestotrotz sind wir aber drei eigentümliche Persönlichkeiten, die auch gewillt sind, ihre Individualität in DORNENREICH einzubringen. Und ich denke, daß es im Besonderen diese Tatsache ist, daß wir zwar eine starke, gemeinsame künstlerische Basis haben, diese jedoch sehr individuell ausdrücken, auf welche die vielschichtige Intensität sowie extreme Einzigartigkeit DORNENREICHs letztlich zurückgehen. Zwischen uns dreien stimmt es einfach. Will meinen, jeder von uns dreien gibt sich für den künstlerischen Ausdruck in DORNENREICH ganz und gar her, zumal sich jeder in unserem weitgefaßten Rahmen individuell mitzuteilen vermag. Dennoch schaffen wir es dabei immer wieder, ein schlüssiges Ganzes entstehen zu lassen, ohne eben große – die emotionale Unmittelbarkeit – lähmende Kompromisse eingehen zu müssen. Um es nun pathetisch ( - aber doch - ) auf den Punkt zu bringen: Wir drei sind ein geschlossener Kreis individueller Passion.“ Selten habe ich einen Sänger gehört, der seine Texte dermaßen emotional und intensiv vorträgt. Was ermöglicht dir diese Vortragsweise? Durchlebst du die Gefühle, welche zum Schreiben eines Textes geführt haben, jedesmal von neuem? Wieviel von dem Menschen Evíga steckt in den Texten und somit auch im Protagonisten von „Her von welken Nächten“? „Tatsächlich stimmt das lyrische Ich meiner Texte bislang mit meiner weltlich-alltäglichen Persönlichkeit über ein, wenngleich ich natürlich schon einschränkend hinzufügen muß, daß das lyrische Ich doch in ästhetisierter Weise in Erscheinung tritt – insbesondere in Hinblick auf die gedrängte Intensität des gewählten Szenarios. Selbstredend ist auch mein Sprachstil mit einem gewissen theatralischen Moment angereichert, das sind mir meine Gedanken jedoch wert, daß ich sie nämlich in ein Gewand bedeutungsbunter Vieldeutigkeit kleide – kurz: ich sie poetisiere. Es ist allerdings gewiß nicht so, daß ich dadurch vermeiden möchteklar Stellung zu beziehen. Für mich persönlich sind nämlich Klarheit und Wahrhaftigkeit im Umfassenden zu suchen, naja, zumindestens würde sich mein Ideal so formulieren: Denn mir ist durchaus bewußt, daß es heutzutage schwer sein kann, einen konsequenten Weg zu gehen, der sich weder in die Sackgasse der Isolation eingräbt noch in eine Wüste voller Informationskiesel mündet. Und trotz all meiner silbengewandten Mehrdeutungszierde spricht wohl allzu oft nur meine Wahrheit aus den Texten, die letztlich vielleicht auch nichts anderes sein kann als meine Wahrheit, die kaum jemals vollständig aus der letztlichen Isolation des eigenen Ichs heraustreten wird können. Jedoch halte ich daran fest zu glauben, daß eben diese – meine – Wahrheit wenigstens einigen anderen Impuls zu sein vermag, ihre Individualität weiter auszuformen.“ „Gut, nun will ich doch den Versuch machen, auf deine Ausgangsfragen zurückzukommen. Die besagte übereinstimmung meines Ichs mit dem lyrischen Ich meiner Texte läßt in Kombination mit der Verwendung meiner Muttersprache eine äußerst unmittelbare und innige Identifikation mit den Textinhalten zu. Im Grunde ist ja deshalb eigentlich auch gar keine Identifikation nötig, zumal das Lesen meiner Texte einer genauen Bewußtmachung meines Seins gleichkommt, was mich natürlich immer wieder direkt betroffen macht. Und im Zustande dieser unmittelbaren Betroffenheit trete ich dann vor das Mikrophon. Und ja, ich durchlebe die Texte, wenn ich im Begriff bin, den Gesang aufzunehmen, tatsächlich. Ich suche mich all den Gefühlsnuancen vollkommen hinzugeben, wodurch ich wohl dazu imstande bin, eine derartige Authentizität, Intensität und Intimität auszustrahlen, wie es mir im Rahmen DORNENREICHs zu gelingen scheint, was durchaus nicht selbstverständlich anmuten sollte, ist die Studio-Situation doch stets eine punktuell anberaumte und generell künstliche Situation; obschon ich hier anmerken will, daß mir die Atmosphäre diesbezüglich noch nie derart entgegengekommen ist, wie jüngst im Klangschmiede Studio E. Gleiches gilt übrigens auch für Valñes.“ Könnte man die Texte und die Musik Dornenreichs als Spiegelbild deiner Seele bezeichnen? „Ja, all die gedankliche und emotionale Zerissenheit, all die widerstreitenden Extreme, all die aufblitzende bzw. ambivalent umfochtene Harmonie, all die Sehnsucht nach mystischer Naturverwobenheit, all die egozentrischen Traumtänze, welche in DORNENREICH hochpulsieren, sind mit großer Bestimmtheit ein ästhetisiertes Abbild unserer Seelen und Charaktere.“ Fällt es dir nicht von Zeit zu Zeit schwer, dein Innerstes nach Außen zu kehren und mit einer Zuhörerschaft zu teilen, die dieses vielleicht gar nicht zu schätzen weiß? Was bedeutet dir persönlich kommerzieller Erfolg und wie stehst Du zu dem Umstand dich und deine Kunst immer und immer wieder in Interviews erklären zu müssen? Akzeptierst du die ‚Marketing-Maschinerie‘ als notwendiges übel um weiterhin Kunst erschaffen zu können und sie an die Mensch bringen zu können, welche vielleicht ähnlich wie du fühlen? „Nein, denn so unglaubwürdig es bei anderen wirken mag, so sehr trifft es auf meine künstlerische Tätigkeit zu, daß ich nämlich zu keinem Zeitpunkt an eine etwaige Zuhörerschaft denke. Der künstlerische Kampf wird allein mit unseren persönlichen Erwartungen, Zielsetzungen und Qualitätskriterien ausgetragen. Im Sinne künstlerischer Integrität, Wahrhaftigkeit und Authentizität darf ja wohl auch nur der Grad der Selbstverwirklichung bzw. der Selbstzufriedenheit des Schaffenden Meßlatte sein – und zwar in erster Linie dem Schaffenden selbst.“ „Gewiß, Austausch ist wichtig, jedoch muß man unterscheiden unter welchen Gesichtspunkten eine künstlerische Arbeit zur Vollendung geführt wird, sind es kaufmännische oder ursprüngliche. Freilich ist es schön, wenn unsere Arbeiten der öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und so mancher sie zu verstehen und zu schätzen scheint, was wir mit DORNENREICH zu schaffen suchen; und ich finde zuweilen auch großen Gefallen daran, mich mit interessanten Annäherungen unserer Arbeiten auseinanderzusetzen ( - wie eben gerade jetzt - ), doch ausschlaggebend für mich persönlich ist, daß unsere Plattenfirma uns ermöglicht, unsere Visionen festzuhalten, indem sie die Studiokosten begleicht und nicht etwa, daß das abgeschlossene Werk hernach in einer bestimmten Stückzahl vervielfältigt und vertrieben wird. Wir spüren wie wahrhaftig wir uns in DORNENREICH ausdrücken, inwiefern wir uns jedoch mitteilen, hängt vom Einsatz des Publikums selbst ab. Außerdem ist mir völlig klar, daß der extrem hohe Grad der Gefühlsintensität, der Gefühlswahrhaftigkeit sowie der Gefühlsintimität, wie wir ihn durch DORNENREICH fluten lassen, der Masse Mensch nur noch den Klebstoff für ihre Scheuklappen liefert. Deshalb sage ich hier – nicht ohne einen gewissen elitären Stolz: l’art pour l’art et l’art pour la passion.“ Denkst du, daß etwas Kunst sein kann was Massen befriedigt und nur auf eben diesen Zweck ausgelegt ist? „Ich denke, daß Kunst – abgesehen vom erwähnten ‚l’art pour l’art‘ – Verwendung finden kann, um den Menschen wach zu halten für sein Innerstes, ihn herausfordern – gedanklich wie emotionell -, ihm Fragen zu stellen, ihm eine persönliche – innerliche – Stellungnahme zu einer speziellen Thematik abzuringen. ähnliche überlegungen gibt es übrigens in Bezug auf die Ziele des Philosophierens.“ „Meines Erachtens muß Kunst folglich viel mehr polarisieren als harmonisieren, weswegen ich mir im Moment kaum vorstellen kann, daß etwas ‚Kunst‘ sein kann, was auf die Bedürfnisbefriedigung der Masse Mensch angelegt ist, obwohl mir der Begriff der ‚Befriedigung‘ ohnehin zu schwammig ist, um noch weiter in diesbezügliche überlegungen einzutauchen.“ Abschließend vermute ich, daß wir es, so etwas, das sich vordergründig als ‚Kunst‘ ausgibt, Menschenmassen im Geiste eint und tief bewegt, entweder mit einem oberflächlichen, gut getarnten Harmonie-Geplänkel, einer Glücksparodie oder aber mit einer göttlichen Offenbarung zu tun haben, die – ihrer göttlichen Natur wegen – über all unsere Erwägungen erhaben ist.“ „Lasse ich meinen inneren Blick allerdings über gängige glücksverheißende Massenbefriedigungen hinweg ziehen, glaube ich nur allzu genau zu wissen, mit welcher der beiden obengenannten Möglichkeiten ich es zu tun habe.“ „Nach längerem Grübeln bin ich nun jedoch zum (vorläufigen) Schluß gekommen, daß ich mir hier kein Urteil – und schon gar kein allgemeines ohne konkretes Beispiel – zu erlauben habe, denn ich glaube der ungefähren Ansicht zu sein, daß mein Urteil hier gewiß äußerst fallspezifisch zu sein hat. Man merkt schon, ich neige von Zeit zu Zeit sehr zu gedanklich-kritischer Pedanterie, ob dies gut oder schlecht ist, kann ich ebenfalls nicht mit Bestimmtheit sagen, jedenfalls erscheint die Ausgangsfrage – dem wachen Beobachter – nunmehr weit kniffliger als es anfangs den Anschein hatte.“ Was hast du empfunden, als du nach langer, intensiver Arbeit „Her von welken Nächten“ erstmals in seiner wahren Pracht vernommen hast bzw. das fertige Werk in deinen Händen hieltest? „Ich war tief bewegt und habe eine ganze Weile geweint, war doch eine ungemein schwere Ausdruckslast von mir genommen, und zwar in einer so atemberaubenden Weise, wie ich es vor Beginn der Aufnahmen kaum zu hoffen gewagt hätte. Ich meine, obwohl eine Aufnahme ja immer nur vergangene, aneinandergereihte Momente bieten kann, rührt mich “Her von welken Nächten“ mit einer solch eindringlichen und autonomen Gefühlsgegenwärtigkeit an, daß es mich – weit in mir drinnen – einfach sehr zufriedenstellt, sowohl in meinem künstlerischen Wesen als auch in meinem Menschsein. Darüber hinaus spürte ich bei besagtem Vernehmen der Endfassung, daß “Her von welken Nächten“ auch noch in Jahren direkten Bezug zur menschlichen Grundgefühlswelt haben wird, es wird dieselbe ausdruckswahrhaftige Gültigkeit haben wie heute, oder wie es dies – im Grunde – auch in vergangenen Zeitaltern gehabt hätte, denn ich – bin nicht größenwahnsinnig – ziele darauf ab, mich mit archaischen Gefühlszuständen sowie mit elementaren Gedanken des – durch alle Zeiten hindurch gleichbleibenden – grundsätzlichen Menschseins auseinanderzusetzen bzw. diese im Rahmen von DORNENREICH zeitlos zugänglich zu machen, wobei mir schon klar ist, daß wir in Bezug auf unsere stilistische Erscheinungsweise sehr wohl Kinder unserer Zeit sind, was uns in gewissem Sinne – oberflächlichen – Sinne auch auf unsere Zeit beschränken mag; die Tiefe hinter DORNENREICH halte ich jedoch für zeitlos betroffen-machend.“ Wie beurteilst du eure vorherigen Veröffentlichungen aus heutiger Sicht? Kannst du dich, wenn du dir die Werke anhörst, immer noch selbst in ihnen finden? Hat sich über die Jahre eure Intention bezüglich Musik und Kunst im Allgemeinen verändert? „Nun, grundsätzlich betrachten wir unsere drei bisherigen Alben tatsächlich als Trilogie, was sich auf mehrere Aspekte stützt. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, daß unsere Cover-Gestaltung, in all ihrer Schlichtheit und dem Betonen des jeweiligen Album-Titels, seit jeher ein optisches Charakteristikum DORNENREICHs gewesen ist. Zudem kommt, daß Front- und Back-Cover stets eine Einheit bilden, um dem jeweiligen Album einen schlüssigen optischen Rahmen zu geben.“ „Weiters erweist sich die Trilogie in den zum Ausdruck gebrachten archaischen Inhalten, die – wie ja bereits angeklungen – emotionaler sowie gedanklicher Natur sind. In erster Linie beziehe ich mich hierbei auf Empfindungszerissenheit, Einsamkeit, Umgang mit bzw. Bewußtmachung von Vergänglichkeit, Willenskraft, Intuition und das Balancieren zwischen Traum und Realität. Und gerade in Hinblick auf die Gegebenheit der Trilogie ist jedes einzelne Album von besonderer Wichtigkeit, zumal jedes eine weitere Perspektive vorstellt, wie man sich den genannten Themen nähern kann – im Zuge des eigenen Heranreifens. Während “Nicht um zu sterben“ nämlich noch in durchgehend jugendlich-stürmischer Weise aufbegehrt – gegen weltliche Unabänderlichkeiten wie z. B. das Schwinden allen Seins – und diese ungestüm, ja rasend anprangert, kommt in “Bitter ist’s dem Tod zu dienen“ die melancholische Nachdenklichkeit des – sich selbst immer inniger erfahrenden – Menschwesens mehr und mehr zum Tragen. Und in dem Maße, in dem das Menschwesen sein Ich immer weiter erkundet, greift – in seinem Innersten – eine über es selbst hinausstrebende Sehnsucht um sich.“ „All dies entfacht dann jene große Selbst- und Weltkonfrontation, die dem Konzept von “Her von welken Nächten“ zu Grunde liegt. Hierbei werden die bereits vernommenen Perspektiven bzw. Herangehensweisen der Impulsivität (“Nicht um zu sterben“) und der Reflexion (“Bitter ist’s dem Tod zu dienen“) wieder aufgegriffen und gegeneinander abgewogen, wobei wiederum neu erworbene Aspekte miteingeflochten werden, wenn es darum geht, sich mit den vorhin genannten archaischen bzw. elementaren Erfahrungen tiefer zu befassen. Natürlich wird die Perspektivenentwicklung des Menschwesens weitergehen; eben diese wird ja wohl auch das inhaltliche Bindeglied zwischen unseren ersten drei Alben und den kommenden Veröffentlichungen sein. (“Her von welken Nächten“ betrachten wir deshalb auch nur insofern als Abschluß, als es für uns das Menschwesen auf eine bedeutsame Stufe seines Selbstverstehens bringt und es klare Schlüsse aus den ersten beiden Alben zieht...) Von all dem her kann ich also schon behaupten, mich nach wie vor auch in unseren ersten beiden Alben selbst zu finden. Denn obzwar mein Ich sich mittlerweile wohl auch schon über das lyrische Ich aus “Her von welken Nächten“ hinausentwickeln konnte, liegt das Verfassen der Texte doch bereits wieder geraume Zeit zurück, kreischt mir der damals sechzehnjährige Evíga seine Verzweiflung aus “Nicht um zu sterben“ noch genauso voller Inbrunst entgegen und findet auch noch immer Widerhall in seinem gereiften Ur-Ich, will meinen, in mir. Und nicht anders verhält es sich mit dem zu Zeiten siebzehnjährigen Evíga, der mir aus “Bitter ist’s dem Tod zu dienen“ seine Gedankenfetzen noch genau so eindringlich einzufauchen vermag wie früher. Auch er pulsiert noch heute in meiner Brust – und, das Menschwesen aus “Her von welken Nächten“, dieser zerissen aufblitzende neunzehnjährige Evíga, sitzt dem heute zwanzigjährigen Evíga sogar noch offenkundig auf der Schulter und flüstert ihm des öfteren ganz unverblümt ins Ohr...“ „Gut, nun möchte ich allerdings noch auf etwaige Intentionsveränderungen zu sprechen kommen. Nun, glücklicherweise sind wir alle drei willens, unseren künstlerischen Horizont unaufhörlich zu erweitern, ohne dabei aber unsere expressiven Grundintentionen aus dem Auge zu verlieren, die wir uns bis heute bewahrt haben. Zwei Hauptintentionen sind nuancenreiche Intensitätsvermittlung und empfindungsextremes Betroffen-Machen. Außerdem steht DORNENREICH für: vielschichtige und eigenwillige Instrumentierung, überraschungsvielfalt, Naturmystik, vokale Intimität, ästhetik, Dynamik, Stilindividualität und Spannungsstrukturen – gefaßt in eine dreidimensionale Authentizität des Ausdrucks in Klang, Wort und Bild.“ „Zusammenfassend wird unser beständiges Hauptanliegen in folgendem Ausspruch deutlich: Wer DORNENREICH hört, wird DORNENREICH fühlen.........................Marcel Tilger


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Infos

  • Erstellt am

    29. Oktober 2002
  • Line Up

  • Redakteur

    Marcel Hübner
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