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Sabaton

Mit „The Art Of War“ haben Sabaton den Durchbruch geschafft. Und auch das neue Album „Coat Of Arms“ scheint, glaubt man den hohen Chartplatzierungen, überaus gut anzukommen. Ein weiteres Indiz für die derzeitige Popularität der Band: Viele ausverkaufte Gigs auf der gerade stattfindenden Tour.

Und während sich vor dem Musikzentrum in Hannover lange Schlangen bildeten, hatten Thorsten und ich die Gelegenheit zu einem Interview mit Sänger Joakim, der einige nette Anekdoten zum Besten gab. Nachdem wir vom Tourmanager netterweise mit Getränken versorgt wurden, konnte das sich schnell zu einem netten Plausch auswachsende Gespräch starten.

Lass uns doch erstmal über das neue Album reden. Wie sind die Reaktionen bis jetzt?

So weit, so gut würde ich sagen. Es ist für uns und die Fans noch ein wenig zu früh, das Album zu beurteilen. Wenn man ein neues Album macht, dann ist man damit so beschäftigt, dass man erstmal wieder etwas Abstand braucht, um es sich objektiv anzuhören. Wir sind etwas anders als an „The Art Of War“ herangegangen: Lasst uns einfach 10 gute Songs ohne Konzept aufnehmen und scheiß auf alles andere. Wir haben einfach Songs geschrieben und dann darüber abgestimmt, welche wir aufs Album nehmen.

„The Art Of War“ war sehr erfolgreich und wohl euer Durchbruch.

Naja, anfangs sagten auch viele Fans: Das ist aber kein besonders gutes Album. Die alten waren besser. Sechs Monate später hieß es dann: Oh, warte mal, das ist doch die beste Platte. Aber es ist schön, dass die Leute mittlerweile verstehen, dass man sich ein Album mehrmals anhören muss, um es zu beurteilen.

„Coat Of Arms“ hat den „Test of time“ demnach noch zu bestehen.

Ja, genau. Mir geht es doch genauso. Es gibt viele Platten, bei denen ich beim ersten Hören dachte: Das ist jetzt aber nicht gerade ein Meisterwerk. Und mittlerweile gehören diese Scheiben zu meinen absoluten Favoriten. Das war zum Beispiel mit „Cross Purposes“ von Black Sabbath so, aber auch mit Rainbows „Rising“.

Wie, bei dir hat „Rising“ nicht auf Anhieb gezündet?

Zumindest nicht alle Songs. Klar, „Stargazer“ und „Tarot Woman“ fand ich sofort super, aber die restlichen Lieder haben mehr Zeit gebraucht. Es hat ein paar Jahre gedauert.

Wie sieht es mit deinen musikalischen Einflüssen aus? Haben die sich im Laufe der Jahre geändert?

Nicht wirklich. Ich entdecke generell lieber alte Scheiben, als mir neue anzuhören. Ich mag zum Beispiel keinen Death Metal. Aber die neue Amon Amarth ist echt ein Schlag in die Fresse und ist wohl die erste Death Metal Scheibe, die ich mir gekauft habe.

Gibt es eine bestimmte Band, die dich dazu bewegt hat, selbst Musiker zu werden?

Es gab natürlich nicht nur eine bestimmte Band. Aber Twisted Sister haben mich wohl auf den Weg gebracht. Ich war drei oder vier als „Stay Hungry“ rauskam und meine Mutter erinnert sich daran, wie ich durchgedreht bin, wenn ich das Video dazu gesehen habe. Und sie mochte Twisted Sister und hat deshalb die Platte gekauft. Danke Mama! Als Kind wollte ich natürlich immer nur den Song „Stay Hungry“ hören und erst später das ganze Album. Dann habe ich zu Hause Sachen wie Slade und natürlich Europe gehört und mein Cousin hat mit „Keeper Of The Seven Keys I“ zu Helloween gebracht. Als dann „Keeper II“ raus kam, gab es extra einen Mitternachts-Verkauf im Plattenladen. Da durfte ich hingehen, konnte mir das Album aber nur einmal anhören. Also schnell wieder ab nach Hause. Zu dem Zeitpunkt habe ich das erste Mal darüber nachgedacht, selbst Musik zu machen. Ach ja, Accept waren natürlich auch ein großer Einfluss.

Thorsten fragt, ob Joakim denn schon die neue Accept-Scheibe gehört hat.

Ja. Vor allem „Blood Of The Nations“ und „Teutonic Terror“ gefielen mir auf Anhieb. Sobald ich Zeit finde, höre ich sie mir öfter an. Der neue Sänger gefällt mir auch. Es ist doch so: Udo macht seine Sache mit der Soloband gut und auch Accept sind klasse. Also haben wir gleich zwei gute Bands. Genauso ist es doch mit Black Sabbath. Sie wurden besser, als Ozzy ging und Ozzy wurde ebenfalls besser.

Ihr spielt ja einen sehr melodischen Sound mit Keyboards. Was hältst du Leuten entgegen, die sagen, Keyboards hätten im Metal nichts zu suchen?

Neunzig Prozent der Leute, die so etwas behaupten, benutzen mit ihren Bands getriggerte Drums. Und das ist im Endeffekt nichts anderes als ein Synthesizer. Diesen Leuten halte ich einfach ein „Fuck you“ entgegen. Ich verstehe aber, wenn man die Old School Schiene mag und mit Keyboards nichts anfangen kann.

Eure Texte verraten ein großes Interesse für Geschichte im Allgemeinen und den Krieg im Speziellen. Hattet ihr denn schon die Gelegenheit, euch geschichtsträchtige Orte hier in Deutschland anzuschauen?

Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass wir noch gar nichts in der Richtung angesehen haben. Ich habe als Kind noch die Berliner Mauer gesehen, weil meine Mutter aus der Tschechischen Republik ist. In Deutschland ist das Thema Krieg noch mit viel Scham und Zurückhaltung belegt. In Polen bekommen wir schon mal Einladungen, uns zum Beispiel Auschwitz anzusehen. Ich persönlich denke, dass man das Nazi-Deutschland vom heutigen Deutschland trennen muss. Vielleicht ist es hier eine Art Tabu?

Nicht unbedingt. Aber viele Deutsche wissen beispielsweise nicht, ob ihre Vorfahren eher zu den Tätern oder den Opfern zählten. Deshalb ist es für uns immer noch ein heißes Eisen. Der Geschichtslehrer Thorsten meldet sich an dieser Stelle zu Wort und fragt nach dem Song „The Final Solution“, der sich mit der Judenvernichtung befasst und einen fast fröhlichen anmutenden Gesangpart hat.

Ich denke eigentlich, dass der Song insgesamt von einer traurigen Melodie getragen wird. Wir haben den Song bei den letzten acht Shows immer gespielt, weil es so viele Anfragen diesbezüglich gab. Aber ich versuche schon, vor „The Final Solution“ die Stimmung im Publikum etwas herunterzufahren. Aus Respekt vor dem Thema mache ich natürlich auch keine Witze über meinen Schwanz oder so, bevor wir den Song spielen. Bei den Festivals haben wir den Song nicht gespielt, aber jetzt auf der Headliner-Tour haben wir uns daran gewagt, weil viele Leute ihn hören wollen. Aber wir fordern das Publikum bei diesem Song nicht wie bei anderen zum Mitklatschen und Mitsingen auf.

Okay, die Party muss also bei den anderen Kriegs-Songs stattfinden.

Ja. Wir singen über Tod und Zerstörung, also lasst uns Party machen (lacht). Sorry, aber es macht mir einfach zu viel Spaß, auf der Bühne zu stehen.

Man muss wohl einsehen, dass wir als Deutsche einfach eine andere Herangehensweise an diese Themen haben, die sich natürlich aus unserer Geschichte erklären lässt. Aber wir sind ja kein Polit-Magazin, deshalb wenden wir uns jetzt wieder den heiteren Seiten des Rock’n’Rolls zu. Gibt es denn bis jetzt lustige Tour Anekdoten?

Und ob, gerade vorgestern ist etwas passiert. Beim Mixen des neuen Albums hatte ich zufälligerweise ein T-Shirt an, auf dem stand: Cover me in chocolate and then throw me to the lesbians (damit wir auf unserer Seite keine Jugendschutzsperre einrichten müssen, übersetze ich das jetzt mal nicht). Als ich nicht aufpasste, machte unser Webmaster einige Fotos und ausgerechnet mit jenem T-Shirt an landete ich im Booklet. Und vorgestern nach der Show tauchten dann tatsächlich zwei Lesben mit flüssiger Schokolade auf, übergossen mich damit und leckten sie ab (allgemeines Gelächter). Das war eine ziemlich gute Aftershow-Party. Mehr passierte leider nicht, die Damen waren ja lesbisch. Aber wie du siehst ist keine Schokolade mehr an mir (lacht).

Der Einladung zum „Restelecken“ knapp entkommen, stellt Thorsten noch eine Frage nach dem Song „Metal Crue“: Wie viel habt ihr denn getrunken, als ihr denn Song geschrieben habt?

Oh, Mann! Die Entstehungsgeschichte des Songs ist echt verrückt. Wir begannen mit dem Mixen des Albums und deshalb saß ich sehr relaxt auf der Schüssel. Dann kam jemand ins Klo und rief: „Los, komm her, wir wollen anfangen.“ Ich entgegnete: „Fangt mit dem Mix doch schon mal ohne mich an.“ „Ja, aber du musst doch noch den letzten Song einsingen.“ Verdammt, das hatte ich total vergessen und ich hatte keine Lyrics dafür geschrieben. Und gerade einen Tag vorher hatte ich mich über die schlechte Vorbereitung anderer Bandmitglieder beschwert. Was also tun? Ich rief, dass ich Magenprobleme habe und gleich komme. Dann schnappte ich mir den Haufen Metalmagazine auf dem Klo und fing an, mir daraus den Text zusammenzusuchen (Gelächter). Ich habe den Song also in circa 30 Minuten auf der Toilette geschrieben und die Band hat das auch erst zwei Jahre später herausgefunden.

Dann die obligatorisch letzte Frage: Was sind deine fünf Lieblingsalben aller Zeiten?

Boah, das ist schwer. Rainbows Rising gehört auf jeden Fall dazu. Heaven And Hell von Black Sabbath. Die Keeper Alben von Helloween. Accept mit Live in Osaka. Und dann noch Stay Hungry von Twisted Sister, damit habe ich schließlich angefangen.

Soweit unser recht unterhaltsames Gespräch, dem sich ein nicht weniger gelungener Auftritt anschloss. Joakim, der definitiv Talent zum Erzählen hat, berichtete noch ein wenig von Business Geschichten, mit denen ich euch an dieser Stelle nicht langweilen möchte. Auf jeden Fall ein sympathischer Bursche, dessen Musik jeder mal eine Chance geben sollte, der keine totale Abneigung gegen Keyboards im Metal hat.


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Infos

  • Erstellt am

    13. Oktober 2010
  • Line Up

  • Redakteur

    Eric Ossowski
  • Tags

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