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Disillusion von A-Z

Dieses Interview ist für mich persönlich schon aus dem Grund etwas ganz besonderes, weil es in Verbindung mit einem Konzert steht bzw. eigentlich mit DEM Konzert. Dem letzten Konzert, welches ich kurz vor dem Corona-Shutdown im Mephisto-Club des Faust-Veranstaltungszentrums in Hannover erleben durfte.
DISILLUSION spielten ein intensives letztes Deutschland-Konzert ihrer Tour zum furiosen Comeback-Album “The Liberation”. Eigentlich sollte das Interview vor dem Konzert geführt werden, aber da ein Großteil der Band inklusive Andy Schmidt gesundheitlich ziemlich angeschlagen war, vertagten wir das Interview auf ein Telefonat, in dem sich der Kopf von DISILLUSION sehr klar, aufgeräumt und ausführlich meinem Disillusion-Alphabet widmete.
Dieses Interview ist für mich persönlich schon aus dem Grund etwas ganz besonderes, weil es in Verbindung mit einem Konzert steht bzw. eigentlich mit DEM Konzert. Dem letzten Konzert, welches ich kurz vor dem Corona-Shutdown im Mephisto-Club des Faust-Veranstaltungszentrums in Hannover erleben durfte.
DISILLUSION spielten ein intensives letztes Deutschland-Konzert ihrer Tour zum furiosen Comeback-Album “The Liberation”. Eigentlich sollte das Interview vor dem Konzert geführt werden, aber da ein Großteil der Band inklusive Andy Schmidt gesundheitlich ziemlich angeschlagen war, vertagten wir das Interview auf ein Telefonat, in dem sich der Kopf von DISILLUSION sehr klar, aufgeräumt und ausführlich meinem Disillusion-Alphabet widmete.


A - “Alea”:

Ja, schönes Lied! (lacht) Ganz wichtig, lange vorbereitet und tatsächlich lang überlegt, wie wir es einsetzen. Es war klar, dass wir eine neue Platte machen wollten. Wir wollten wieder zurückkommen. Das brauchte viel Vorbereitung und ein deutliches Zeichen, dass wir es ernst meinen. Und das ist “Alea” gewesen. “Alea” ist de facto in der alten Besetzung entstanden. Als es dann ernst wurde, drehte sich das Karussel.


B – “Back To Times Of Splendor”:
...wird wohl oder übel so ein Lifetime-Achievement-Ding sein. Das ist toll. Ich habe über die Jahre alles gehen lassen, was von diesem Album Druck aufbauen könnte. Ich umarme das aber ich höre es auch nicht dauerhaft hoch und runter. Ich umarme die Möglichkeiten, die diese Platte uns und mir besonders eröffnet. Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber das Album ist in gewisser Hinsicht zeitlos. Wir könnten das “Back To Times Of Splendor” heute so noch einmal aufnehmen. Es würde etwas anders klingen aber das ändert ja nichts an den Songs und die sind 2020 immer noch genauso gut. Da ist uns irgendetwas geglückt.


C - Crowdfounding:
Da kommen wir wieder zu “Alea” zurück. Ganz pragmatisch ist es ja nur ein Song von elf Minuten gewesen. Und bei den Aufnahmen wurde uns ganz schnell klar, wenn wir für ein ganzes Album neben beruflichen Verpflichtungen und Selbstständigkeit angehen, dann wird das ewig dauern. Und dann haben wir etwas gewagt, was zuvor in dieser Form wohl noch niemand versucht hat. Zumindest was das Finanzamt angeht. Wir sind da sehr blauäugig heran gegangen und haben uns gesagt: Wenn da jetzt 300-400 Euro rumkommen, um irgendetwas zu stabilisieren, dann wäre das wunderbar. Es war überhaupt nicht auszurechnen, dass es jetzt de facto das dritte Jahr ist, in dem ich nicht arbeiten muss und mich nur auf die Musik konzentrieren kann. Die Band ist jetzt meine Arbeit und das ist der Hammer! Das ist die neue Zeit, neue Möglichkeiten, direktere Wege. Wir hatten Glück, und den richtigen Riecher zur richtigen Zeit und ich bin unglaublich dankbar dafür. Auf der anderen Seite nehme ich diese Herausforderung auch gerne an. - Let´s do it! Wer hat schon diese Gelegenheit...? Eigentlich jeder. Mach´ doch, geh´ raus und stell Dich hin! Mehr haben wir ja auch nicht gemacht. Wir haben die Hosen runter gelassen und gesagt: So sieht´s aus! Es war kein Weinen, sondern eine Beschreibung der Tatsachen. Da haben unsere Fans drauf reagiert und sie reagieren immer noch.

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D – Dark Suns:
Wir haben keinen Kontakt mehr. Punkt.


E – Erfolg:
Sehr relativ. Ich definiere Erfolg für mich allgemeinhin mehr über Zufriedenheit im Leben. Wenn ich die Möglichkeit habe, das zu machen, was mir Spaß macht und was aus meiner Seele kommt, und dann Sonntags noch im Café oder anderswo mit den Kindern in der Sonne sitzen kann, dann ist das erfolgreich und toll. Ich habe nicht vor, irgendwelche Rekorde zu brechen oder die Absicht, dass DISILLUSION 500.000 Platten verkaufen sollen. Dann müssten wir etwas Anderes machen und uns verbiegen. Glück ist Erfolg. Das muss man erstmal haben, das fällt nicht einfach vom Himmel. Dafür braucht es Energie und einen guten Fokus, Vertrauen und die Bereitschaft, das Glück ins Leben zu lassen. Das passiert nicht so einfach, denn man kann auch den ganzen Tag arbeiten und dann ist man plötzlich siebzig und fragt sich: Was habe ich denn eigentlich gehabt vom Leben?


F – Freundschaft:
In Bezug auf meine engsten Freunde wäre für DISILLUSION nichts möglich gewesen. Und zwar weit vor “Alea”. Das ist ein langer Weg gewesen, auf dem mich die wenigen engen Freunde begleitet und mehr als unterstützt haben.


G - “Gloria”:
Auch eine interessante Platte. Es gab für mich in den letzten Jahren die eine oder andere Schwierigkeit bei der Berührung dieser Platte, weil ich letztlich unzufrieden damit bin. Ich war schon immer unzufrieden damit. Wir haben die Platte irgendwann fertig stellen müssen, auch aus finanziellen Gründen. Die Produktion war irgendwann schon so teuer, dass sie auf Gedeih und Verderb fertig werden musste. Da könnte ich jetzt sagen, dass ich mich da als Bandleader verkalkuliert hatte. Es ist halt eine Frage von Größe bzw. Haltung, das zu akzeptieren und sich einzugestehen, dass es nicht optimal gewesen ist. Aber wir haben das Beste gegeben. So ist mein Verhältnis zu “Gloria”, zur Musik, zu den Songs und auch zur ganzen Zeit, in der die Platte entstanden ist. Die gesamte Situation hat letztendlich dazu geführt, dass die Band vorrübergehend auseinandergebrochen ist. Und wir haben ein paar Jahre gebraucht, um uns davon zu erholen. Das ist “Gloria”.




H – Höhle:
Balve war eine heftige “D-Zug”-Zeit. Wir hatten eine Woche zuvor Release von “The Liberation” und wir waren davor schon sehr lange nicht mehr unterwegs. Das waren seit Jahren die ersten Shows und Balve war die erste außerhalb von Leipzig und dann gleich noch in großer Besetzung mit Trompete, Klavier und allem. Es war sehr eindrucksvoll, die Location und das Publikum. Wir haben wie fast überall auch bei Prophecy eine Exotenrolle. Ich fand´s einen gelungenen Abend mit ganz vielen Eindrücken, die auf uns eingeprasselt sind.


I - Improvisation:
DISILLUSION basieren auf Improvisation, auf “Bauch”. Damit geht es immer los. Irgendwann wird es konkreter und dann muss es mit mehreren Leuten in Form gebracht werden; aber Improvisation ist ganz wichtig. Ich mache eigentlich nur Bauchmusik, auch wenn es am Ende vielleicht nicht so klingt. Natürlich mache ich auch den Kopf an, wenn es darum geht, Dinge zu verbinden aber die Ursprungsideen kommen alle aus dem Bauch und entstehen aus Intuition.


J – Jens (Maluschka – ehem. Schlagzeuger, Anm. d. Verfassers):
Mein Jens. (lacht) Man muss ihn halt gehen lassen und ich musste den Gedanken auch gehen lassen, dass er der DISILLUSION-Schlagzeuger ist. Die Schlagzeugideen für “The Liberation” hatte ich mir alle für Jens ausgedacht. Aber er war ja schon gar nicht mehr da... Jetzt sitzt der Martin da und der macht das großartig. Es geht voran und wir sind mittendrin, uns auch immer weiter kennenzulernen. So eine Platte ist da natürlich eine Chance, zusammen zu wachsen. Ich vermisse den Jens, das ist keine Frage, menschlich wie musikalisch. Es war ja nicht so, dass wir alle wollten, dass er geht. Es war eher strukturell schwierig. Er war auch bei der Release-Show, er feiert die Platte. Also alles im grünen Bereich.


K – Kunst:
Weites Feld. Letztlich machen wir Kunst. Was ist die Aufgabe von Kunst...? Ich bin kein Kulturwissenschaftler. Ist es die Provokation, ist es Uplifting, ist es, Dinge aufzuzeigen? Ich kann nur soviel sagen, dass ich die künstlerische Verantwortung ernst nehme. Dass ich immer versuche, mir mein Schaffen immer von Rezipientenseite anzuschauen. Und dann möchte ich letztlich ein positives Weltbild zeichnen. Ich möchte gute Energien in die Welt schicken. Ich möchte, dass sich jemand DISILLUSION anhört und am Ende des Tages sagt: “Das hat mich in gewisser Weise bereichert!”


L – Leipzig:
Boomtown! Ich bin froh, hierher gezogen zu sein, auch wenn es jetzt schon Äonen her ist. Ich möchte die Stadt überhaupt nicht missen und ich möchte hier auch nicht weg. Es ist alles da.


M – Musik:
...ist die Seele, die alles ausdrücken kann. Alles, was nicht gesagt werden kann, kann in Musik ausgedrückt werden und das ist meine Sprache.


N – Natur:
Ich benötige für alles, was ich mache, das Zentrale und die Anbindung an die Stadt. Das würde mit Studio und der ganzen Infrastuktur nicht funktionieren. Dennoch bin ich nicht unbedingt ein Stadtmensch. Die Stadt zum Leben brauche ich eigentlich gar nicht. Ich habe einen Traum. Dass es irgendwann einmal ein Studio auf einem Waldgrundstück geben wird. Ich bin ja für “The Liberation” nicht umsonst nach Tschechien in den Wald gefahren. Wenn man das zusammenrechnet, dann waren das mehrere Monate. Ich setze mich ins Auto, fahre von Leipzig aus zweieinhalb Stunden, steige aus und dann ist Ruhe. Und ich empfinde das jedesmal als Wahnsinn, dieses Nichts. Man merkt dann erst, welchen Stress der ganze Alltag mit sich bringt.
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O – Ordnung:
Ich brauche Ordnung. Ich liebe aber auch das Chaos. Das ist wie Yin und Yang. Es gibt Zeiten, da muss man Dinge über den Haufen werfen. Aber grundsätzlich und plastisch gesehen liebe ich es schon, früh aufzustehen, und es steht alles dort, wo ich weiß, dass es sein soll.


P – Prophecy:
Auch ein großes Thema. Es ist natürlich erstmal total toll, dass wir einen gemeinsamen Weg gehen.Dass sie es gewagt haben, die Platte rauszubringen und in die Promo zu investieren. Dafür bin ich total dankbar. Wir wissen, dass dort zwei, drei Leute riesige DISILLUSION-Fans sind, und das haben wir gespürt. Es geht da weniger um Verkaufszahlen, als zu wissen, dass die Platte an die Frau und an den Mann kommt. Und mit dem Herzblut, was da im Vorfeld der Veröffentlichung von Prophecy-Seite schon reingesteckt wurde, da war die Entscheidung einfach richtig.


Q – Quintessenz:
Ein Borknagar-Album. War auch schön, aber das davor (“The Archaic Curse” - Anm. d. Verf.) war besser. In Bezug auf DISILLUSION bin ich meinem Bauchgefühl gefolgt in den letzten Jahren. Das war nicht immer einfach, das wusste ich vorher. Aber dass es dann so gekommen ist, war krass. Es ist wichtig und richtig, der eigenen Intuition zu folgen und sich immer der Frage zu stellen: Was ist gut für mich? Ganz persönlich und unegoistisch. Das habe ich in den letzten Jahren gemacht und und auch umgesetzt. Und das war schon ein Weg mit all seinen Zweifeln. Es kommen viele auf dich zu, die dich fragen: “Boah, wie willst du denn das machen?” Ich fange halt an und irgendwann ist es fertig...


R – Rajk (Barthel – ehem. Gitarrist, Anm. d. Verf.):
Rajk ist vor allem der Manager. Das ist toll, dass dies schon vor drei Jahren auf ihn übergegangen ist. Jemand, der mit der Band verbunden ist und nicht einfach nur irgendwo sitzt. Wir haben einen persönlichen Draht und natürlich geht es dabei auch um Geld. Da sind wir auch wieder bei der “Gloria”-Zeit. Die haben wir vor nicht allzu langer Zeit aufgearbeitet und uns davon energetisch befreit. Wir haben heute ein gutes Verhältnis. Jeder ist letzlich seinen Weg gegangen und alles war am Ende richtig. Kein böses Blut aus der Vergangenheit. Wir waren jung, emotional und hoch angespannt damals. Heute mit weit über 40 können wir uns besser ausdrücken.


S – Streaming:
Habe ich keine Ahnung von, es ist einfach so. Wenn wir vorhin über Crowdfounding geredet haben, dann ist Streaming dasselbe in Grün, nur eben ein anderes Thema. Es ist der direkte Kontakt zum Customer mit direktem Payment. Wenn wir das jetzt auf die Aussage reduzieren, der Musiker kann von seiner Kunst nicht mehr leben, dann halte ich dagegen: Wir konnten von “Back To Times Of Splendor” auch nicht leben. Null, gar nicht, im Gegenteil! Es ist ein anderes System. Es ist Quark, zu behaupten, dass es früher anders war. Es ist nicht schlechter als vorher. Was sich meines Erachtens total verändert hat, das ist die Technik, die so frei verfügbar ist für jedermann. Jeder kann seine Platte aufnehmen, und zwar selber. Das ist eine Veränderung, gepaart mit dem Dogma der Selbstvermarktung, was dir ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Dabei ist es nicht so, dass vor 30 Jahren alle gesagt hätten, “nein, das will ich nicht!” Es war halt nur nicht möglich. Wie oft hat man geflucht: “Scheiße, jetzt habe ich die Kassette nicht dabei!” Natürlich kenne ich unsere Zahlen und weiß, was wir bei Spotify verdienen, das ist Mist. Aber auf der anderen Seite ist es auch verfügbar. Daraus ergeben sich wieder andere Möglichkeiten und die muss man einfach versuchen, zu nutzen. Die Neunziger sind halt einfach durch.

Disillusion The Liberation front cover klein

T – “The Liberation”:
Auch eine schöne Platte. (lacht – Anm. d. Verfassers) Ganz aktuell, immer noch. Es war eine krasse Geburt, nicht nur aufgrund des Crowdfoundings. Es war schon geplant, einen Riesenbogen zu schlagen von “Back To Times Of Splendor” zur Gegenwart, ohne einen zweiten Teil davon zu machen. Wir wollten zeigen, was DISILLUSION heute ausmacht, uns aber auch konkret auf unsere Vergangenheit zu beziehen. Das hat ein halbes bis dreiviertel Jahr gedauert, bis mir klar wurde, wie man das machen kann. Ich bin total froh, dass wir das so gemacht haben. Dass wir uns durch sehr zähe Gespräche gewunden haben, bevor wir überhaupt die Gitarre in die Hand genommen haben. Wir haben uns schon gefragt, was machen wir hier eigentlich, was haben wir jetzt vor? Dann haben wir das umgesetzt. Das war an vielen Stellen ein totaler Flow und an anderer Stelle, als dann der Jens zwischendurch raus ist, sehr beschwerlich. Und das ist jetzt alles auf dieser Platte. Wenn ich “The Liberation” höre oder wir die spielen, dann stehe ich mit geradem Rücken und klarem Blick dahinter und sage: Ich find´s gut, das ist DISILLUSION! Natürlich ist das nicht das beste der Welt, es gibt immer noch Mozart oder sonstiges aber darum geht es nicht. Wir lieben das Teil. Das ist aus unserer Sicht das Beste, was wir machen konnten, und das Bestmögliche, was wir gemacht haben, um wieder zurückzukommen. Das ist nun abgeschlossen und wir sind jetzt letztlich freier. “The Liberation” ist eine Übergangsplatte, die gemacht werden musste. Jetzt geht es weiter.

Disillusion 2019 band photo 6 klein


U – Underground:
Ich kann damit nichts anfangen. Underground, Overground, ich zähle mich zu keiner Szene zugehörig. Das hat nichts mit den Szenen zu tun. Sondern, ich bin ich. Ich habe damit nichts am Hut.


V – Videos:
Videos sind uns elementar wichtig. Wir haben immer das gemacht, was wir machen konnten. Dabei gibt es natürlich immer Zeitdruck. Manches hätte aktuell deutlich künstlerischer ausfallen können. Das ist auch dem Abgabedruck geschuldet. Da hat es irgendwann einfach gebrannt. Da mussten wir dann mal eben zwei Videos drehen und haben früh um neun wieder am Mix gesessen. Aber wir haben das gerockt und es haben sich in den letzten Monaten deutliche Zusammenarbeiten für die Zukunft herauskristallisiert. Das hätte ich gern früher gehabt aber jetzt können wir langfristiger planen. Alle haben unter massivem Druck einen guten Job gemacht.



W – Wendejahre
Ich komme ja aus Zwickau, tiefstes Sachsen. Die Wendejahre waren vor allen Dingen eine Zeit der ganz großen Freiheit auf der einen Seite. Auch weil niemand einen Plan hatte. Es war eine gesellschaftliche Chance und mit vielen Möglichkeiten. Das war ein Gefühl, was da war, was ich erlebt und mitgenommen habe. Das hat mich geformt und das ist auch in mir. Genau diese Zeit, in der ich gerade mal 14, 15, 16 war. Auf der anderen Seite war es aber auch eine Zeit von Angst, von Nazi-Übergriffen, von Schlägereien, eins auf die Fresse kriegen, einer deutlichen Politisierung. Die NSU-Geschichte war und ist für mich und meine Freunde ein Riesenthema. In dieser Zeit waren wir quasi mittendrin. Das war Lebensrealität. Du gehst zum Bäcker und dann ist das da, dann kennst du die auch noch. Es ist Wahnsinn, kurios, es ist alles eins, eine Riesenchance, ´ne Möglichkeit und auf der anderen Seite musst du dich mit den Veränderungen arrangieren. Das klingt nach Opfer aber so meine ich das nicht. Man muss mit dieser Situation umgehen. Und das fällt uns jetzt richtig schön auf die Füße!

X – X-Faktor: Welche Frage würdest Du gern mal gestellt bekommen oder was war die bescheuertste Frage, die Du jemals gestellt bekommen hast?
Puh, ich bin immer noch ziemlich in dem emotionalen Thema der Wendejahre...


Y – Yellowpress:
Ich versuche, mich generell so zu informieren, dass ich an seriöse Informationen komme. Ich könnte jetzt ganz polemisch sagen: “Das ist alles ganz schlimm!” Das Thema ist sehr umfänglich und die Yellowpress ist mehr Symptom als Problem. Und wenn ich sehe, wie die Kinder heute in der Schule in ihrer Persönlichkeit von Jahr zu Jahr geformt werden, aber nicht unbedingt zu offenen Persönlichkeiten, dann ist das ein sehr weiter Wurf, um am Ende wieder bei einer Yellowpress zu landen. Aber Individualität, Freundlichkeit, Positivismus, das ist nicht unbedingt etwas, was explizit in Deutschland hoch im Kurs steht. So etwas ist nicht einfach da, sondern das muss entwickelt werden. Das muss endlich beginnen, und zwar jetzt.
Viele Dinge, die in den letzten Jahren extrem schiefgelaufen sind, die kommen heute auf´s Tableau und das ist erstmal gut. Als seinerzeit Trump zum Präsidenten gewählt wurde, da meinte einer meiner Freunde zu mir, dass er das gut finden würde. Und ich habe lange überlegt, was zur Hölle er daran gut findet. Natürlich fand er an sich gar nichts gut, an dem Mann oder an seinen Ideen. Worauf ich hinaus will, ist, dass es in gewisser Weise neue Energien braucht. Scheinbar müssen manche Dinge erstmal vor den Baum gehen, um gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken. Grün ist die heutige gesellschaftliche Mitte, das hätte dir vor 20 Jahre auch niemand geglaubt. Das ist heute da, das kann man politisch sehen, das kann man aber auch konzeptionell fürs Leben sehen. Dadurch entstehen dann wieder neue Spannungsfelder. So etwas will ausgekämpft werden. Es wäre doch verwunderlich, wenn wir im 21. Jahrhundert plötzlich anders wären, als die Jahrtausende davor.


Z – Zweifel:
Zweifel habe ich oft. Aber denen Stelle ich mich. Ich bin quasi mein Lebtag selbstständig. Ich kenne kaum eine Situation in meinem Leben, in der morgen oder der nächste Monat geklärt war. Ich musste immer schauen, wo ich bleibe. Da gibt es auch Panikgefühle, die jeder Selbstständige hat, und dann muss man Entscheidungen treffen. Da gibt es immer Zweifel. Aber ich zweifele nicht an mir oder meiner Person, sondern immer am Weg. Wenn das mal so sein sollte, dann suche ich mir auch Hilfe, denn das wäre sonst zerstörerisch und führt zu nichts. Das können dann zunächst einmal Freunde, Kollegen oder die Familie sein, nicht das ganze Programm. Aber Dinge wie Seelenhygiene, Selbstvertrauen, Realismus, Motivation und Strukturen sind wichtig.


DISILLUSION - Streaming-Konzert vom 13.04.2020


Bild Copyright:

Infos

  • Erstellt am

    14. Juni 2020
  • Line Up

    Andy Schmidt - Vocals, Guitars, Bass, Keyboards
    Sebastian Hupfer - Guitars
    Ben Haugg - Bass, Guitars, Percussion
    Martin Schulz - Drums
    Robby Kranz - Bass, Vocals
  • Redakteur

    Jens Dunemann
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