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Engraved

Nach 20 Jahren musikjournalistischer Tätigkeit und den Unmengen an Alben die einem in dieser Zeit auf den Tisch gekommen sind, sollte man fast meinen, dass es nur noch wenige altgediente und zugleich hörenswerte Bands zu entdecken gäbe. Doch das Leben hält immer wieder Überraschungen bereit und im Falle ENGRAVED handelt es sich auch noch um eine positive. 2012 haben die Jungs, die bereits seit 1994 aktiv sind, ihr mittlerweile fübtes Demo ”Days We Dread” veröffentlicht: eine wirklich überzeugende Mischung aus Schwedentot und Melancholie. Johan und Martin standen uns Rede und Antwort.

Nach 20 Jahren musikjournalistischer Tätigkeit und den Unmengen an Alben die einem in dieser Zeit auf den Tisch gekommen sind, sollte man fast meinen, dass es nur noch wenige altgediente und zugleich hörenswerte Bands zu entdecken gäbe. Doch das Leben hält immer wieder Überraschungen bereit und im Falle ENGRAVED handelt es sich auch noch um eine positive. 2012 haben die Jungs, die bereits seit 1994 aktiv sind, ihr mittlerweile fübtes Demo ”Days We Dread” veröffentlicht: eine wirklich überzeugende Mischung aus Schwedentot und Melancholie. Johan und Martin standen uns Rede und Antwort.

 

Bevor wir uns mit langen Vorreden aufhalten – was passiert denn an dem ”Day we dread”, also dem Tag, den wir fürchten?

Johan: Es mag anmaßend klingen, aber wir haben viel Arbeit in die konzeptionelle Seite dieses Demos investiert, sowohl musikalisch als auch inhaltlich. Wir hatten ja schon immer einen existenziellen Einschlag in unseren Texten, so dass wir diese Seite auf dem aktuellen Demo mal genauer erkunden wollten. Tauch ein und erlebe, wie wir auf Angst reagieren und wie sie uns berührt: wie zerstörerisch sie ist und welche Emotionen erzeugt werden. Diese Emotionen werden auch musikalisch auf dem Demo reflektiert.

Ihr seid jetzt seit 20 Jahren als Band im Geschäft, euer erstes Demo habt ihr vor fast 19 Jahren veröffentlicht. Was motiviert euch als Band weiterzumachen?

Johan: Ich glaube, die eigentliche Frage müsste lauten warum wir nach so langer Zeit immer noch Musik schreiben. Ich persönlich schreibe einfach immer Texte, die dann irgendwie Musik nach sich ziehen. Letztlich geht es um unsere Liebe für das Genre im Allgemeinen. Ich glaube, dass es noch genug Raum für Experimente im Death Metal gibt. Dadurch, dass neue Trends kommen, übersehen wir häufig unentdecktes Land, das es noch zu entdecken gilt.

Martin: Ich suche immer nach neuen Herausforderungen und nach Möglichkeiten alte Dings neu zu erfinden, also zu erneuern, ohne zu beschädigen. Wenn man überlegt, dass ENGRAVED so viele verschiedene Genres vermischt, dann muss man sagen, dass es die perfekte Band für mich ist. Es ist schwer zu mischen, ohne dabei die Einheit zu verlieren. Es ist noch schwieriger einer Sache nicht gerecht zu werden und alles zu gleichförmig zu machen. So lange wie ich meine Einflüsse aus allen möglichen Genres durchscheinen lassen kann und trotzdem dem ENGRAVED Sound treu bleiben kann, werde ich weitermachen.

Wie bereits erwähnt ist euer erstes Demo ”Emptiness” bereits 1994 erschienen. Warum hat es denn in der Vergangenheit nie mit einem Plattenvertrag geklappt?

Johan: Ich würde sagen, es war vor allem schlechtes Timing. Unsere Demos haben in Europa weite Verbreitung gefunden und wir hatten einige Labels, die Interesse gezeigt hatten, wie z.B. Wrong Again Records. Das Problem war jedoch, dass melodischer Death/Black Metal 1995/1996 etwas auf dem absteigenden Ast war. Auch wenn IN FLAMES und DARK TRANQUILITY bereits Alben veröffentlicht hatten, war der melodiöse Sound der Göteborg Szene noch nicht so verbreitet und die Labels suchten nach härteren, aggressiveren Sounds damals. Als die Melodic Szene dann in den späten 90igern explodierte lagen ENGRAVED schon auf Eis, da wir keinen passenden Lead Gitarristen finden konnten, nachdem unser alter uns 1996 verlassen hatte. Danach sind die meisten Bandmitglieder in anderen Projekten aktiv geworden und haben auch Plattenverträge mit ihren neuen Bands bekommen. Ich war z.B. seit 2002 oder so in einer Doom Metal Band mit dem Namen WOUNDED HEAVEN.

Martin: Wenn ich zurück blicke, ist es wohl leicht zu sagen, dass wir hätten weitermachen sollen, denn das Genre rückte einige Jahre nachdem wir uns zurückgezogen hatten in den Mittelpunkt des Interesses. Ich glaube aber auch, dass wir wohl im Meer der IN FLAMES-Wannabes untergegangen wären. Außerdem habe ich viele neue Einsichten gewonnen dadurch, dass ich zwischenzeitlich bei Bands wie TAEDEAT, KING UNCROWNED und DEATHCHAMBER gespielt habe. Inspiration kommt sowohl von dem was du gerne hörst, aber auch von dem wasd du wirklich haßt – und vor allem von dem was du schon probiert hast, egal ob du erfolgreich warst oder nicht.

2011 habt ihr euch dann entschlossen eine Compilation eurer alten Demos unter dem Namen ”The Necromancy Session” zu veröffentlichen. Wieso denn das?

Johan: Vor allem aus nostalgischen Gründen. Das Mastertape des alten Materials ist verloren und meine eigenen Demos sind in einem schrecklichem Zustand. Es ist mir gelungen von einem Freund einige Demos aufzutreiben, die in einem besseren Zustand waren und die ich digitalisieren konnte. Ich habe dann beschlossen, dass ich einigen Freunden Kopien davon machen sollte. Dann habe ich überlegt, dass es ja auch niemandem schaden würde, wenn wir die Songs als Download auf unsere Homepage stellen würden. Letztlich sind die Songs ja auch ein kleiner Teil der schwedischen Metal Geschichte und ich weiß genau, dass es dort draußen noch Leute gibt, die sich gerne so ein Zeug anhören.

Wenn man sich die verschiedenen Demos mal angehört hat, dann stellt man fest, dass sich der Stil letztlich nicht großartig verändert hat, auch wenn es früher vielleicht hier und da noch ein paar Black Metal Einflüsse gab und der Sound natürlich besser geworden ist. Was sind denn eurer Meinung nach die größten Unterschiede zwischen ”Emptiness” und ”Days We Dread”?

Martin: Wir sind aufgeschlossener. Damals ging es nur um Metal. Wenn es nicht Death Metal war, hatte es keinen Platz auf der Welt. Heute ist es mir egal. Solange wie die Musik gut ist, ist es egal, aus welchem Genre sie kommt. Zusammengefasst heißt das, dass das Herz von ENGRAVED noch vorhanden ist, aber es ist gnädiger gegenüber Einflüssen aus anderen Genres als der engen Death Metal Szene.

Johan: Richtig, wir haben unseren Horizont erweitert. Trotzdem denke ich – und ich sehe mich nicht als konservativ – dass, wenn du einmal damit begonnen hast als Death Metal Band aufzutreten, du auch weiterhin Death Metal liefern solltest – egal in welcher Form. Die Herausfordrung ist es, die Grenzen auszutesten, ohne deinem Sound untreu zu werden. Aus diesem Grund respektiere ich Bands wie PARADISE LOST so sehr, denn die haben genau das in ihrer Karriere geschafft. Man weiß immer, was man zu erwarten hat, aber sie sind dennoch nie voraussehbar.

PARADISE LOST ist ja insofern kein schlechtes Beispiel, da ihr ja auch Death Metal mit melancholischen Tönen vermischt. Was fasziniert euch an dieser Mischung und was würdet ihr als eure Einflüsse bezeichnen?

Martin: Wenn man mit Bands wie MORBID ANGEL und CARCASS aufgewachsen ist, war es irgendwie natürlich Oldschool Death Metal mit Melodien zu vermischen. Zudem bin ich einige Jahre in der Gothic Szene gewesen als ich nach Inspiration suchte. Einige der wenigen guten Teile der Szene sind bei mir hängen geblieben als ich zu ENGRAVED zurückkehrte. Es ist ein gutes Gefühl, diese düsteren, grüblerischen Vocals zuhören, wenn sie in wenigen Sekunden zu bösartigen Schreien werden.

Johan: Ich persönliche ziehe viele meiner Inspirationen aus Bands wie MY DYING BRIDE, PARADISE LOST und EDGE OF SANITY und es ist auch klar, dass ich in den 90igern stark von Bands wie ENTOMBED, DEATH und CARCASS beeinflusst wurde. Ich beschränke mich aber nicht nur auf Metal: die Einflüsse kommen auch aus der Gothic, Synth, Industry, Rock oder sogar Pop Szene – so lange wie es einen düsteren, emotionalen Aspekt gibt, auf den ich mich beziehen kann. Ich kann gar nicht sagen warum mich das Düstere immer so angezogen hat, aber ich fand’s schon immer gut!

Nun seid ihr ja bereits eine ganze Weile in der Szene unterwegs. Inwiefern hat sich die Szene denn seit den 90igern verändert?

Johan: Oh, ich weiß gar nicht, was sich nicht verändert hat. Es sind zwei gänzlich unterschiedliche Welten. Es ist sowohl härter als auch einfacher heute, da es durch die digitale Technik viel einfacher geworden ist Musik zu schreiben und zu produzieren. Dennoch, auch die eng zusammengehörige Tape-Trading Gemeinschaft hatte ihre Vorteile, die heute nicht mehr existieren. Es ist viel schwerer ein gutes Netzwerk von Kontakten aufzubauen, wenn du nicht wirklich etabliert bist, da der Teich durch das Internet viel größer geworden ist. So viele talentierte Stimmen rufen nach Aufmerksamkeit.

Martin: Und so viele untalentierte Stimmen schreien noch lauter, um ehrlich zu sein. Es muss für Labels und Produzenten heute so viel schwerer sein gute Talente zu finden, wenn es doch in jedem Haus, in jeder Stadt, in jedem Land einen selbsternannten Produzenten gibt. Für eine Band ist es also viel schwerer, durch den Schleier aus purem Dreck zu brechen, der die Radiowellen und die Schreibtische der Plattenfirmen überflutet.

Und auch bei euch gab es ja zumindest eine visuelle Veränderung, denn für das aktuelle Demo habt ihr euer Logo verändert. Warum?

Johan: Eigentlich haben wir es nicht wirklich verändert. Wir haben es nur nicht benutzt. Als ich das Cover entworfen habe, wollte ich ein schlichtes, sauberes Design für das Front Cover. Wir haben das lange diskutiert und es ging hin und her. Am Ende haben wir uns entschlossen, das Logo dieses Mal micht zu benutzen.

Martin: Ich bin kein großer Fan von Logos, um ehrlich zu sein. Sie schränken dich normalerweise nur ein uns man kann ein Cover, ein Poster usw. nicht so designen wie ma eigentlich will, da das Logo eine besondere Form hat, die für das Design berücksichtigt werden muss. Wenn die Musik über die Jahre in ein anderes Genre driftet, sieht es extrem albern aus, wenn eine Industrial Band an ihrem alten Black Metal Logo festhält.

Johan, du hast ja auch mal gesagt, dass du dir bewusst bist, dass es nicht gerade hilfreich ist einen Bandnamen zu haben, den auch eine Handvoll anderer Bands benutzt. Warum habt ihr den Namen nicht einfach geändert?

Johan: Es ist nicht so, dass wir diese Möglichkeit nicht diskutiert hätten. Als wir die Band 2010 wiederbelebt haben, dachte zumindest ich, dass es gut sein würde wieder zu den Wurzeln zurückzukehren und den alten Death Metal Sound wieder zu entdecken. Daher machte es Sinn, den alten Namen wieder zu benutzen. Vielleicht war es eine Frage des Stolzes für mich.

Martin: Es hilft auch, wenn man aus der Asche aufersteht und sich nicht erst als ganz neue Band einen Namen machen muss.

Dann lasst uns doch nochmal kurz auf eure Texte zu sprechen kommen. Ihr schreibt ja über recht abgefahrene Dinge. Woher kommen die Inspirationen und worum geht es aus ”Days we dread”?

Johan: Ich glaube,wir haben beide eine Vorliebe für die dunkle Seite der menschlichen Psyche und diese Vorliebe hat einen großen Einfluss auf unsere Themen. Die Inspiration kann überall herkommen: manchmal kommt sie aus der Literatur, der Philosophie oder der Psychologie, aber auch aus eigenen Erfahrungen und Gefühlen. Das abgefahrenste Beispiel ist wohl ”Bitter Ashes” vom ”Ashes” Demo. Es ist sowohl ein Song über den inneren Kampf und die Leugnung, aber zugleich auch eine Hommage an das Fallout Computer Game. Ich habe eine Tendenz verschiedene Schichten zu verknüpfen.

Bei ”Days we dread” haben wir gemeinsam an den Lyrics gearbeitet, um dem Konzept des Demos treu zu bleiben. Es geht um das unvermeidliche Eintauchen in den reinen Terror, den man verspührt wenn man versucht die eigenen Ängste zu verleugnen. Es geht um die Abwärtsspirale der Angst selbst. Wenn du genauere Beispiele willst: ”Harvest of the End” ist eine Metapher für den Tag des jüngsten Gerichts und es geht um die Ausbeutung der natürlichen Resourcen der Erde, aber auch um den persönlichen Verfall. ”The Resurrection of Dr E.A.D.” handelt davon, dass man genau das wird, was man am meisten fürchtet und sich so der Zirkel der Angst schließt. Ich finde aber, dass sich jeder Hörer ein eigenes Bild von unseren Texten machen sollte.

Martin: Es ist immer einfacher über düstere Themen zu schreiben. Es würde irgendwie doof klingen Death Metal zu spielen und über grüne Wiesen und Sonnenschein zu singen. Diese Texte überlasse ich der Pop Industrie.

Gut, dann habe ich am Ende noch ein paar Entscheidungsfragen für euch.

a) Wacken oder Schweden Rock?

Johan: Wenn du ohnehin massenhaft Geld für ein Festival ausgeben willst, solltest du wenigstens nach Wacken fahren. Das Schweden Rock kann da nicht mithalten.

Martin: Auf jeden Fall Wacken, sowohl als Besucher als auch als Künstler. Ich war nie auf dem Schweden Rock und ich habe auch nicht vor, dort hinzufahren.

b) Dismember oder Edge of Sanity?

Johan: Edge of Sanity, zweifelsohne.

Martin: Edge, wirklich!

c) “Left Hand Path” oder “Wolverine Blues”?

Johan: ”Left Hand Path”. Ich bekomme immer noch Gänsehaut wenn ich das Album anhöre.

Martin: ”Left Hand Path” war eines der ersten Alben die mich zum Death Metal gebracht haben. Das Album und Edge of Sanitys "Nothing But Death Remains".

d) Sommer oder Winter?

Johan: Eigentlich Sommer. Tage voller Dunkelheit und verschneiter Landschaften bei eisiger Kälte mögen ästhetisch ansprechend sein, aber lass dir eins gesagt sein: It sucks!

Martin: Sommer zum leben und Bier trinken. Winter, um Musik zu schreiben.

e) Download/Digital oder Vinyl?

Johan: Hier werde ich schummeln und sagen, dass ich beides gut finde. Ich mag die neue Technik wirklch sehr, aber man kann nicht leugnen, dass das gute alte Vinyl eine nostalgische Atmosphäre schafft.

Martin: Digital. Ich habe nie verstanden, warum Vinyl einen besseren Sound machen sollte. Es tut es einfach nicht. Es ist nicht gleichmäßig im Tempo, hat einen schrecklichen statischen Sound wegen der Nadel... die CD ist das Beste was der Musik je passiert ist.

f) Christliche Kirche oder Church of Satan?

Johan: Das sind nur zwei Seiten der selben Münze, wenn du mich fragst. Ich beuge mich niemandem.

Martin: Auch mit einer Knarre am Kopf würde ich kein Mitglied einer christlichen Kirche werden. Ich würde aber der Church of Satan beitreten wenn mein Leben davon abhänge.

g) Engraved 2015: mit Plattenvertrag oder ohne?

Johan: Ich hätte nichts dagegen einen Vertrag zu haben, aber Träume und Realität sind selten das Selbe. Ich glaube aber, dass wir einen eigenständigen Sound haben, der Aufmerksamkeit verdient. Ich hoffe, dass wir bis dahin Leute mit unserer Musik erreichen konnten.

Martin: Ich hoffe, dass wir nach wie vor ohne Plattenvertrag sein werden, aber dafür einen guten Vertrieb haben, der uns hilft unsere Musik zu verbreiten und bei den Leuten bekannter zu machen. Das Beste wäre, wenn wir die Freiheiten einer vertragslosen Band hätten und dennoch alle Menschen in der Metal Szene erreichen könnten. Wir arbeiten daran!

 

Und damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, solltet ihr die Website der Jungs besuchen, den dort kann man die Demos der Band kostenlos downloaden! Es lohnt sich wirklich!

 

 


Bild Copyright:

Infos

  • Erstellt am

    17. Januar 2013
  • Line Up

    Martin Runnzell - Guitars, Bass, Vocals

    Johan Eklund - Vocals (lead)

    Dennis Bobzien - Drums

  • Redakteur

    Thorsten Zwingelberg
  • Tags

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