Nachdem sich der Sommer am Freitag noch eine kleine Auszeit genommen hat, erstrahlt das Festivalgelände am Samstag wieder im Sonnenschein. Dementsprechend gut gelaunt präsentierten sich die Gewinner des diesjährigen Newcomer Contest, “Re.Mind”. Trotz der frühen Uhrzeit war das Publikum zahlreich vor der Bühne versammelt und konnte sich davon überzeugen, dass die drei Männer aus Leipzig mit 80’s Style Synthpop den Wettbewerb nicht umsonst gewonnen haben.
Mit den Dark Rockern von “Schwarzer Engel” wurde es im Anschluss düsterer und brachialer. Präsentiert haben sie dem Publikum ihr neues Album “Höhere Gewalt” das am 26.07. released wurde.
Auch die Schweizer von “Hell Boulevard” haben ihr neuestes Werk “Requiem” im Gepäck. Mittlerweile ist das Infield auch gut gefüllt und die Menge ließ sich zu “In Black We Trust” oder “Satan In Wonderland” mitreißen.
“Lacrimas Profundere” machten vor zwei Jahren von sich Reden, als sie als “Ersatzband” eingesprungen sind und einen unvergesslichen Auftritt hinlegten. Mit “Neuzugang” Julian Larré, der seit 2018 das Mikrofon schwingt, zeigen sich die Bayern hochenergetisch und fast hyperaktiv. Julian, der ganz nebenbei auch ein echter Blickfang ist, rennt, springt und tanzt über die Bühne und durch den Graben, als gäbe es keinen Morgen. Musik wurde natürlich auch gespielt, und so gab es neben Klassikern wie “My Release in Pain”, neueren Stücken wie “A Cloak Woven of Stars” auch die neuste Single “Shimmering”.
Ein wenig gediegener wurde es dann mit “Die Herren Wesselsky”, dem frischesten Baby und Soloprojekt von Megaherz und Eisbrecher- Gründer Alex Wesselsky. Und so gab es eben genau das, Werke aus seiner frühen Schaffensphase der Megaherz- Zeit. Deutlich zurückgenommen, cool und lässig aber durchaus schwungvoll zeigte und Herr Wesselsky “Hurra, wir leben noch”.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie nervös ich als langjähriger Fan vor der ersten Single von “Oomph!” nach der Trennung ihres früheren Sängers war. Ich kann mich auch noch sehr gut daran erinnern, wie nervös Daniel “Der Schulz” Schulz vor dem ersten Konzert als neuer Frontmann war. Davon ist an diesem Nachmittag nichts mehr zu sehen. Daniel ist nicht nur in die Rolle hineingewachsen, er hat sie eindeutig erobert. Selbstbewusst, rotzig, druckvoll und souverän traten die Niedersachsen an diesem Nachmittag auf. Kleiner Wermutstropfen: Das Set bestand bis auf “Soll das Liebe sein” und “Wem die Stunde schlägt” vom neuen Album fast nur aus Klassikern, aber was will man auch alles in 40 Minuten Bühnenzeit quetschen mit dem Backkatalog aus 30 Jahren Musik?
Der Schulz hat seine M’era Luna Feuertaufe jedenfalls mit seiner Stimme, seinem sympathischen Auftreten und seinem mittlerweile schon obligatorischen Croudsurfing mit Bravour bestanden.
Den ersten einer Reihe emotionaler Auftritte hatten im Anschluss “Hämatom”, die vor einem Jahr tragisch ihren Bassisten West verloren haben. Dass sich solch ein Schicksalsschlag aber nicht nur durch Trauer und Verzweiflung, sondern auch durch die Flucht nach vorn, Mut und Wut verarbeiten lässt, zeigen uns die Maskenträger, ergänzt durch Neuzugang Rose am Bass, auf eindrucksvolle Art und Weise. Eingestimmt durch ein Einhorn, dem Einstieg mit dem Lied der “Gummibärenbande”, welches lautstark vom Publikum mitgesungen wurde und jeder Menge Feuer heizte die Band wortwörtlich ein. “Gott muss ein Arschloch sein” Mit diesem Song und diesem Auftritt baute “Hämatom” ein Denkmal für West. Im nächsten Jahr erscheint mit “Für Dich” die musikalische Aufarbeitung ihres Verlustes. Natürlich haben Hämatom sich nicht auf dieses Thema beschränkt, sondern spielten neben “Wir sind Gott”, “Kids” auch ihre neusten Veröffentlichungen “Ein auf den Tod, zwei auf das Leben” und “Diego Maradonna”
Einen Auftritt der Marke "Sperrig" hatten die Folgenden “Deine Lakaien”. Die Dark Wave und Avantgarde Urgesteine spielten neben Hits auch Werke ihrer frühen Schaffensphase, machten es ihrem Publikum aber manches Mal nicht leicht. Anerkennen muss man aber besonders die Leistung vom Instrumentalisten Ernst Horn, der trotz fortgeschrittenen Alters mit einer unglaublichen Energie die Tasten bediente.
Wer von den sanften Klängen von “Deine Lakaien” ein wenig eingeschlummert ist, wurde spätestens durch “Saltatio Mortis” abrupt aus der Schlafphase geballert. Das Infield war zu diesem Zeitpunkt fast bis auf den letzten Platz gefüllt und das Publikum in Feierlaune. “SaMo” haben es sich dann in ihrem Set auch nicht nehmen lassen, diesen Ruf nach ausgiebiger Party aufzugreifen und das Publikum ausflippen zu lassen. “We Might Be Giants”, “Für immer jung” und “Loki” gehörten ins Set, genauso wie das epische “Finsterwacht” vom aktuellen und gleichnamigen Album. Der Funke sprang vom ersten Ton aufs Publikum über.
Ihren letzten Auftritt auf dem M’era Luna spielten die EBM- Pioniere von “Front 242”. Die Band steht seit den frühen 80ern auf der Bühne und hat ihren Abschied angekündigt. Im Herbst steht ihre letzte Tournee auf dem Programm, mit der man sich nach über 40 Jahren auf der Bühne verabschiedet. Angesichts ihrer Spritzigkeit auf der Bühne mag man kaum glauben, dass man hier gerade ein letztes Mal “Body to Body” und “Headhunter” live erleben durfte. “Thank you for all these years being here. Thank you so much, Germany!” Emotional fällt der Abschied von Sänger Jean Luc De Meyer aus.
“Ihr schönen Menschen”, so begrüßt Alexander Spreng, Kopf und Mastermind hinter “ASP”, traditionell sein Publikum. “ASP” ist Dauergast beim M’era Luna, allerdings auch völlig zurecht. Zwar zweifelt er, wie bei jedem Auftritt auf dem Festival, seine Berechtigung an, da er aus eigenem Verständnis zu wenig “Goth” ist, das heißt aber nicht, das die Gothic Novel Rocker nicht trotzdem immer Highlight und würdiger Abschluss für einen langen Festivaltag sind. Eingeführt wurde “ASP” an diesem Abend durch einen in roten Roben verhüllten Chor. Im Anschluss folgte ein opulenter Querschnitt und Best Of mit beeindruckender Feuershow durch ihre 25 jährige Karriere.