Ein echter Geheimtipp ist am Freitag der Opener HOULE. Die Franzosen um Sängerin Adsagsona haben sich dem Meer verschrieben, doch wer hier schunkelige Matrosenlieder erwartet, ist Seemannsgarn auf dem Leim gegangen. Der raue Black Metal wird nur ab und zu von Meeresbrisen durchweht, gleicht ansonsten aber eher einem ausgewachsenen Orkan.
Um die müden Glieder nach einer lauen Frühlingsnacht wieder in Bewegung zu bringen, ist ein Auftritt von ULTAR bestens geeignet. Nachdem die Russen im letzten Jahr nicht einreisen durften, holen sie ihren damals abgesagten Auftritt heute nach. In den 30 Minuten holt die Band alles aus sich raus und der Sänger growlt, kreischt und röchelt, während die Rhythmusfraktion durch-hämmert als ob es kein Morgen gibt.
Nachdem DARK OATH ihren einzigen Deutschlandauftritt in diesem Jahr absolviert haben, machen TRYGLAV die Halle zum ersten Mal für heute richtig voll. Von der mit Runen dekorierten Bühne wummern die Bässe, dass auch hinterm Bierstand noch mitgewippt wird.
WOLFCHANTs Alleinstellungsmerkmal ist der Einsatz von zwei Sängern, die meistens gleichzeitig growlen, aber ihre beste Performance im Wechselgesang abliefern. Nach „A pagan Storm“ versinkt die Bühne „Into eternal Darkness“ bevor mit „Naturgewalt“ und „Bollwerk“ zum obligatorischen Sauflied „Never too drunk“ gefeiert wird.
In eine ähnliche Kerbe schlagen auch BLACK MESSIAH, wobei hier die Aufforderungen zum Alkoholkonsum zusätzlich noch mit Geigenmelodien untermalt werden. Das Publkum tanzt aber auch zu selten live gespielten Liedern wie „The Battle of Asgaard“ und die Premiere „The Walls of Vanaheim“, Nach dem „Sauflied“ ist dann Schluss, ohne dass das oft verlangte „Söldnerschwein“ gespielt wurde.
ASENBLUT haben dann einiges an Bühnendeko mitgebracht. Die Wikingerhünen haben Schilde und Flammenwerfer aufgefahren und auch die Nebelmaschine kommt mehr als einmal zum Einsatz, während der „Berserkerzorn“ auf die Menschheit niedergeht, die sich vor der Bühne sogar zu einer Rudereinlage hinreißen lässt.
SUIDAKRA machen sich auf deutschen Bühnen eher rar und auch deswegen gibt es einige Vorfreude bei den Anwesenden auf den Auftritt von Arkadius und seinen Mannen. Der Frontmann ist in Redelaune und feuert das Publikum an, während er Songs aus der ganzen 30jährigen Bandgeschichte ankündigt. Von „Stone of the Seven Suns“ über die folkigen Songs des „Caledonia“-Albums sind es vor allem die alten Kracher, die Circle Pits und Crowdsurfer auf den Plan rufen. Hervorzuheben ist auch, dass dieses Mal der Frauengesang live ist!
ELLENDE setzen mit ihrem depressiven Piano-Intro zu „Freier Fall“ dann ein Zeichen, was von ihrem Auftritt zu erwarten ist. Skelette auf der Bühne und kurze Ansagen umrahmen ihren depressive Black Metal. Ihr Signature-Song „Ballade auf den Tod“ ruft die größte Reaktion hervor, genauso wie die Ankündigung, dass Gitarrist G. T. hier sein Live-Debüt gibt.
Bei GRIMA, deren Personal fast deckungsgleich mit ULTAR ist, gibt es kaum noch ein Durchkommen in der Halle. Hier merkt man, was „ausverkauft“ bedeutet. Auch diesen Auftritt holen die Sibirier vom letzten Jahr nach. In schwarze Mönchskutten gehüllt, spielen sie eine düsterere, doomigere Variante des Black Metal mit viel Atmosphäre und bekommen dafür über eine Stunde Platz eingeräumt, nicht nur, um ihr neues Album „Nightside“ zu präsentieren.
Deutlich positiver geht es dann bei KORPIKLAANI zu. Die Finnen sind als Stimmungsmacher gebucht und man bekommt, was man erwartet: Partymusik aus den finnischen Wäldern mit fetten Gitarren, Handtrommeln, Geige und einer ordentlichen Portion Humppa. Zu Hause als „Alte-Leute-Musik mit Heavy-Metal-Gitarren“ verschrien, kommen sie im Rest der Welt um so besser an. Das Publikum hat auch bei Akkordeon-Tönen seinen Spaß und der Höhepunkt ist natürlich der Rausschmeißer „Vodka“.
Da wegen dem Parallelen-Bühnensystem die Umbaupausen recht kurz ausfallen, können BATUSHKA neben fast direkt loslegen. Nachdem der Band-Rechtsstreit endlich beigelegt ist, gibt es nun auch keine Verwirrung mehr, wer da jetzt eigentlich auf der Bühne steht. Wobei natürlich niemand unter die schwarzen Mönchskutten und in den aufgebahrten Sarg schauen kann. Die von Kerzen und Weihrauch eingerahmte Liturgie verbreitet festliche Atmosphäre, der epische Black Metal mit choralen orthodoxen Gesängen ist in seiner Kombination einzigartig.
Vom Weihwasser gesegnet wäre es jetzt eigentlich Zeit, der Geisterstunde zu frönen, doch da haben die U-Boot-Kommandanten von ANTRISCH was dagegen. Die Band, die aus den Trümmern von Kromlek entstanden ist, gibt ihr Ragnarök-Debüt und kaum jemand will sich das entgehen lassen. Durch die Bühnendeko mit Uniformen und Schneekanonen lassen sich Vergleiche mit Kanonenfieber nicht von der Hand weisen, und auch die verwendeten Sound- und Sprachschnipsel tun ihr Übriges dazu. Die klaustrophobische Stimmung gepaart mit dem eiskalten Black Metal wird so jedoch perfekt eingefangen. So bleibt zum Abschluss des Freitags die immer noch aktuelle Frage aus „Stirnschlag“: Wenn der Rohstoff Furcht versiegt, wer füttert dann das Biest?