Zum einen kommen sie nicht aus Skandinavien, sondern aus Deutschland. Aber leider noch nicht einmal aus dem Schwarzwald, sondern aus der Region München. Zum anderen haben sämtliche Bandmitglieder die langen Haare mittlerweile gegen fetzige Kurzhaarfrisuren eingetauscht und man zeigt sich auf Bilder in einer Art Banduniform, die fast etwas an HEAVEN SHALL BURN erinnert. Darf man unter diesen Umständen überhaupt noch Death Metal spielen? Sollte da nicht von der Europäischen Union oder einer anderen echten Underground-Behörde ein Riegel davor geschoben werden? Na ja, den Jungs scheint es wumpe zu sein. Sie feiern dieses Jahr ihr 10jähriges Bandjubiläum und setzen mit „Nemesis“ dem melodisch-melancholischen Todesmetal der alten Schule ein weiteres Denkmal. Schon von der ersten Sekunde wird deutlich, wer hier musikalisch Model gestanden hat: PARADISE LOSTs „Gothic“ (z.B. „As Worlds Collide“), alte TIAMAT, die erste SENTENCED oder EXTOL, aber durchaus auch eine ganze Reihe schwedischer Bands der Göteborger Schule. Heftige Riff werden mit singenden Leads gepaart und darüber grunzt ein wütender Florian Hefft – so soll es sein. Auch mit ihrem vierten Album feiern die vier Bayern den Death Metal der 90er Jahre ab, ohne sich allzu sehr um moderne Trends und Entwicklungen zu kümmern. Wer hohe Geschwindigkeiten favorisiert, wird von DEAD ALONE möglicherweise enttäuscht werden. Wer jedoch auf der Suche nach bösem Grunzgesang und eingängigen Todesriffs ist, der ist mit „Nemesis“ bestens bedient.

Während die Scheibe mit dem Titel Track sehr stark einsteigt, hängt sie in der Mitte für meinen Geschmack etwas durch. Dies liegt nicht unbedingt daran, dass die Songs schlecht wären, für meinen Geschmack stellt sich aber im Mittelfeld etwas Spannungsarmut ein. Dies fällt deshalb auf, weil die Jungs gegen Ende noch mal ordentlich anziehen und mit Songs wie „As Worlds Collide“ oder „Shade“ einige richtig gelungene Gothic Death Metal Kompositionen ins Rennen schicken. Als Bonus gibt es zum Abschluss dann noch eine sehr gelungene Alternativversion von „Confession“ geboten.

DEAD ALONE liefern das vorgezogene Silvester-Feuerwerk für alle Fans, die dem kompromisslosen Gothic Death Metal der 90er Jahre nachtrauern. Während PARADISE LOST ankündigen zu alter Härte zurückkehren zu wollen und Nick Holmes ja bereits bei BLOODBATH fremdgegangen ist, denken DEAD ALONE gar nicht daran sich auf die Versprechen alter Heroen zu verlassen. Sie machen ihre Lieblingsmusik kurzerhand einfach weiterhin selber. Und sie machen ihre Sache wirklich verdammt gut – ob PARADISE LOST da, trotz vieler Versprechungen, in der Zukunft noch werden mithalten können, wage ich zu bezweifeln. Gothic Death Metal Fans aufgepasst: Dieses Jahr fällt Nikolaus bereits auf den 5. Dezember.