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Ansonsten kann man sehr schön beobachten, dass man sich in Krisenzeiten (oder ist es dem Alter geschuldet?) seiner Stärken besinnt, sich auf seine Kernkompetenzen konzentriert und einfach mal die Hauptstraße nimmt. So dürften die ersten zwei Songs (Achtung andere Zählung: 'Nie wieder Krieg' wurde von mir gecancelt:) vor allem die Freund*innen von TOCOTRONIC erfreuen, die den Jungs schon länger die Stange halten.

In 'Komm mit in meine freie Welt' wird mal wieder druckvoll, pathetisch geschrammelt, 'Jugend ohne Gott gegen Faschismus' kommt erfrischend quirlig daher, Intermusikalität inklusive. Ähnliches gilt für das angeloopte, mitunter beschwerte Leichtigkeit versprühende 'Ich gehe unter'. Etwas ganz Anderes ist dann das (auch) schon vorab veröffentliche 'Ich tauche auf', das der Nachdenklichkeit, der Melancholie und der Sehnsucht ein kleines Erinerungsfeuer anzündet.

'Ich hasse es hier' lebt vom eklatanten Widerspruch von Text und Musik, 'Nachtflug' besticht trotz all seiner Vorhersehbarkeit. Normal ist halt das neue revolutionär. 'Ein Monster kam am Morgen' reitet wagemutig auf des Messers Scheide. Jeden Moment denkt man, dass der tiefe Fall in die Kitschigkeit und des too-much erfolgen wird. Für Vorreiter der „Hamburger Schule“ (Tocotronic-Review-Floskel-Bingo) ungewohnt und neu ist das durchaus mitreißende, hypnotische, überaus atmosphärische und behende schweben scheinende 'Crash'.

Mit 'Leicht lädiert' gibt es endlich mal wieder einen Titel mit Alliteration und im ersten Moment könnte man denken, dass BELA B. singt. Authentischer schnörkelloser Rock, der durch das traurig wehmütige 'Hoffnung' abgelöst wird. Das Album endet dann mit dem hoffnungsvollen Stück 'Liebe'. Absolute Highlights sind allerdings die beiden Bonus-Tracks 'Ein Mann zerfällt' und 'Sirius', die gerade durch ihre musikalische Reduziertheit eine ungeahnte Intensität und Tiefgründigkeit zu entwickeln vermögen.

Fazit: TOCOTRONIC haben mit ihrem neuen Longplayer „Nie wieder Krieg“ durchaus ein Opus erschaffen, das einen, dem Einzellied-Playlist-Wahn zum Trotz, als organisch Ganzes auf eine lohnenswerte musikalische Reise mitnimmt, das die bekannten Trademarks der Band in orgiastischer Manier feiert, wie gewohnt bisweilen die Grenzen zu rosafarbender, klebriger Kitschigkeit auslotet, das aber eben auch bei jedem neuen Durchlauf neue Überraschungen preisgibt.


Kategorie

V.Ö.

28. Januar 2022

Label

Spielzeit

Tracklist

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