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Summerbreeze-Striptease! Nein, komplett nackte Tänzer/innen gab es dieses Jahr (zumindest auf der Bühne) nicht, aber der liebe Wettergott wusste sich wirklich nicht zu entscheiden, was man tragen soll. Außer Nachts. Aber da konnte man sich ja in den Menschenmassen vor der Stage warm halten.

Aber fangen wir mal von vorne an: Die unmenschlich frühzeitige Anreise am Mittwoch erwies sich als sinnvoll. Dachten sich auch die anderen 10.000 Besucher. So stand man "nur" 5 Stunden, vom Ende der Anreiseschlange bis zum Zeltplatz, im Stau. An dieser Stelle ein kleines Lob an das Team vom Breeze: Das Zettelsystem für Gruppen war eine gute Idee. Und da wir gerade dabei sind: Die Dixies wurden auch extrem oft gereinigt. Danke!

Nach dem improvisierten Aufbau des unvollständigen Pavillons und der Zelte im Mal mehr und minder dezenten Nieselregen wurde es Zeit für die erste flüssige Motivation. Alkohol soll ja angeblich von Innen wärmen.

Motiviert mache ich mich anschließend auf den Weg um den Isländern von THE VINTAGE CARAVAN meine Aufmerksamkeit zu schenken. Und die haben sie sich wirklich verdient. Man denkt sich ja nichts, wenn so (optisch) 18-Jährige über die Bühne hüpfen. MetalwasweißichwasCore wird erwartet. Aber hier wird solider, psychedelischer Retro-Rock mit Blues- und Stonereinflüssen serviert. Die Stimme vom Sänger haut einem dann auch vom Hocker, da stecken aber einige Jahre mehr drin als man vermutet! Die Begeisterung ist auch vor der Bühne zu spüren, spätestens beim lautstark geforderten "Cocaine Sally" geht richtig die Post ab. Danach gönne ich mir erst mal mein Mittagessen im Presse-Bereich (Chili con Grünkern, angenehm scharf) und erkunde das Gelände. Es hat sich was getan! Zwei Einlasskontrollen (längst fällig) erleichtern den Zutritt zum Bühnengelände ungemein, die Damen werden jetzt konsequent rechts kontrolliert was den Vorgang doch etwas beschleunigt. Super! Auch beim Durchlass von der T- und Camel-Stage zur Main- und Pain-Stage gab es eine überaus sinnvolle Verbesserung. Ebenfalls zwei Zugänge, die den Besucherstrom nicht mehr durch den engen Gang zwischen allen Verkaufsständen schleusen wollen sondern zwischen eben jenen richtig viel Platz gelassen haben. Ein weiteres großes Dankeschön auch hierfür!

Zu späterer Stunde und mit einem guten Single Malt gönne ich mir dann den Auftritt von HAMFERD. Die Herren von den Faröer Inseln treten sehr seriös im schwarzen Anzug und Krawatte auf und bestreiten an diesem Abend mein persönliches Highlight. Zum Aufwärmen sind die düstern-melancholischen und sehr tragenden Klänge zwar nicht geeignet, aber als Seelenfutter durchaus. Freunde von Katatonia, Ghost Brigade und den alten End Of Green dürften hier durchaus ihre Freude gehabt haben. Der Tontechniker braucht zwar etwas, um die Stimme vom Sänger Aldará richtig zu betonen, aber mal davon abgesehen ist die Show wirklich bemerkenswert.

Der dezente Nieselregen verstärkt sich wieder und man sucht sich im Trockenen ein sicheres Plätzchen. GRAND MAGUS vermitteln einem allerdings nicht den Wunsch, sich gemütlich nieder zu lassen, denn der Pathos der Schweden ist ergreifend. Die Stimmgewalt von Janne Christoffersson bringt mit dem Spiel seiner Landsleute das Zelt so richtig in Stimmung. Mit jahrelanger Erfahrung und entsprechenden Songs wird jeder vor der Bühne begeistert. Und auch die Jungs von The Vintage Caravan feiern den Auftritt vom Bühnenrand aus mit.

In nordisch-düsterer Stimmung schreite ich dann wieder zur Wüstenpferdchenbühne und zu EREB ALTOR. Die erste Barthory-Tribute-Band auf diesem Breeze setzt Maßstäbe mit ihrem doomlastigen Viking-Metal. Spätestens bei "Twilight Of The Gods" komme ich mir, dank grüner Bühnenbeleuchtung, vor wie Ronja Räubertochter im sehr nassen Wald und beteilige mich mit allen anderen Zuschauern beim Gesang. Schön! Trotzdem geht mir das ständige Zittern auf die Nerven und mein nächster Gang führt mich zurück zum Campinggelände, um meine Kluft dem Wetter anzupassen. Kaum im Zelt fängt es wieder an aus allen Eimern zu schütten und meine Motivation sinkt im Takte der Regentropfen mit in die Erde. Bäh!

Nach einer Stunde Warten entscheide ich mich dafür, den mittlerweile warmen Schlafplatz nicht mehr zu verlassen und verschlafe schweren Herzens den Auftritt von MY SLEEPING KARMA. Am nächsten Tag wird mir dann von Freunden bestätigt, was ich schon vermutet hatte: Ich habe wirklich was verpasst. Denn die Atmosphäre, die Sepp und seine Freunde dort in tiefer Nacht erschaffen hätten, sei brillant gewesen. Sogar eine ungeplante Zugabe wurde geboten. Mhpf!

Donnerstag

Nach einem ausgiebigen, überdachten Frühstück (Campingkocher sei Dank gab es heiße Getränke) vor den Zelten kommt tatsächlich die Sonne raus und innerhalb weniger Minuten werden die ersten drei Schichten Kleidung abgelegt. Sommer???

Meine Freunde zerren mich daraufhin, hoch erfreut, zu dem Auftritt von DELAIN auf der Schmerzbühne. Female Voice? Och nö. Aber ich muss zugeben, dass ich den großen Herrenandrang vor der Bühne zu dieser unmenschlichen Zeit (um kurz nach halb zwei) durchaus verstehen kann. Ich hatte erwähnt, dass es auf dem Breeze keine Striptease-Tänzerinnen gibt? Stimmt. Man erscheint gleich halb nackt auf den Brettern, die die Welt bedeuten können. Aber irgendwie muss Frau ja von sonstigen mangelnden Talenten ablenken. Und das schafft diese überaus attraktive Tänzer- eh Sängerin. Ihre besten Stücke (natürlich die musikalischen) werden ansehnlich verpackt in einem transparenten Hauch von schwarzem Stoff mit strategisch klug platzierten Lederfetzen präsentiert. Hier werden dann die Träume der versammelten Höhlentrolle (belämmerter Gesichtsausdruck ließ auf wenig aktive Gehirnmasse schließen) wahr... Denn es wird gehüpft und geheadbangt ohne Ende, sehr schön passend zum Symphonic-Melodic-HumpfaHumpfa-Metal. Ach so, gesungen wurde auch. Aber an die Musik wird sich eh kaum jemand erinnern.

Und so trotte ich frühzeitig, angezogen und motiviert, zu einer musikalischen (!) Darbietung im Zelt der T-Stage. Hier beehren HERETOIR zum ersten Mal die Bühne vom Summerbreeze. Und das sichtlich nervös, klappt so kurz vor dem Auftritt doch herrlich wenig mit der Technik. Aber kaum beginnt Eklatanz pünktlich seine Darbietung, ist das alles ganz schnell vergessen. Der Sound ist überraschend gut und auch die nächsten Tage höre ich in Gesprächen ein durchweg positives Feedback über diese Band. So werden beliebte Stücke wie "Wiedersehen - Unsere Hoffnung", "Fatigue" und natürlich "Graue Bauten" gespielt, und Dave schreit seinen Weltschmerz in das Mikrofon. Bei "Eclipse" sogar in Begleitung vom Agrypnie-Torsten. Die wunderschönen und melancholischen Melodien bringen den ein oder anderen Zuschauer sogar zum Weinen, und der akustische Abschluss-Track "Inhale" vom (hoffentlich bald) kommenden Album wird dankend und mit ganz viel Gänsehaut angenommen. Die Zugabe-Rufe müssen leider ignoriert werden, da die Zeiten auf der Bühne zu knapp kalkuliert sind.

So führt mich mein nächster Gang zurück zur P-Stage und werde damit überrascht, dass OF MICE AND MAN spontan abgesagt haben. Aber HACKNEYED waren eh zur Stelle und geben einem so richtig was auf die Ohren. Uah. Ne das ist mir jetzt nach Heretoir zu viel, dann gibt es nach dem Seelenfutter halt was für den Bauch.

Später am Nachmittag präsentieren ELUVEITIE dann ihr neues Album (und selbstverständlich auch alte Hits wie "Inis Mona"). Der Andrang ist groß und die Stimmung gehoben (es schüttet mal nicht!), doch von den musizierenden Künstlern selber scheint die Stimmung nicht zu kommen. Versteht mich nicht falsch, Eluveitie liefern eine solide Show ab, aber wenn man schon einige von diesen mitbekommen hat, bemerkt man doch, dass etwas nicht stimmt. So wirkt der Auftritt dann doch etwas gekünstelt-fröhlich und das einzige herzliche Miteinander in der Truppe fehlt. Kannibalisches Vergnügen oder Vernunft? Ich entscheide mich für letzteres und wandere zurück zu meinem Zelt um die erforderlichen weiteren Kleidungsschichten anzuziehen.

Mein Kollege Martin genießt derweil am helllichten Tag die Hamburger TODTGELICHTER. Hier springt Torsten (Agrypnie) für Martha ein, da sie mit einer Stimmbanderkrankung leider unpässlich ist. Für die kurze Einübungszeit der Texte von drei Tagen macht er seine Sache ganz gut und das Set wird mit "Café of Lost Dreams" eröffnet. Bei "Phobos & Deimos" darf David Eklatanz auch noch mal mit auf die Bühne.

Nach einer halben Stunde ist der Auftritt vorbei und die Sonne kommt noch mal kurz raus, um ARCH ENEMY mit der neuen, blauhaarigen Sängerin Alissa White-Gluz (ehem. The Agonist, welche am nächsten Tag die T-Stage-Bretter betreten werden) ganz herzlich zu begrüßen. Die Crowdsurfer freut es und auch wenn Alissa etwas höher als Vorgängerin Angela Gassow growlt, werden Hits wie "You will know my name" und "As the Pages burn" ohne wenn und aber akzeptiert und gefeiert.

Für mich kommen wir zum medialen Konzert-Höhepunkt des Breeze, THE OCEAN. Die Musiker rund um Robin Staps machen nicht nur einfach Musik, nein, sie zelebrieren ihre Kunst mit fast allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Und so ist der Auftritt sowohl von der Lichtshow als auch der Performance, ähnlich wie bei Cult Of Luna auf dem Breeze 2013, grandios inszeniert. Hier wird, vermutlich zum letzten Mal in Deutschland, das Konzeptalbum Pelagial in seiner ganzen Schönheit mit passendem Video auf der Leinwand (FSK 18) vorgestellt. Zudem sind vor der Backline mit blau-grünen Effekten beleuchtete Stellwände platziert, welche das Tauchen in den Schichten den menschlichen Bewusstseins und des Ozeans farblich mit unterstreichen. Überraschend bei dem Auftritt war der Gastsänger, welcher sehr viel Kontakt mit dem Publikum sucht und genau so schnell wieder verschwand wie er aufgetaucht ist. Später, im direkten Gespräch mit Robin im VIP-Bereich, vertraut dieser mir an, dass es sich um David, einen Helfer bei der Videotechnik, handelt, der wegen einem verpatztem Auftritt wieder etwas gut machen wollte. Na gut.

Nach der phänomenalen Show brauche ich was zum runter kommen und was ist dazu besser geeignet als DOWN? Hier versammelt sich geballtes Testosteron auf der Bühne, mit welchem ich nach den Feinheiten der vorherigen Darbietung aber unterfordert bin. Gott sei Dank lässt sich mein Kollege gerne beschimpfen. Denn Phil Anselmo (der von einer Pantera-Reunion immer noch nichts wissen will) hält nichts von leeren Schmeicheleien und tituliert das Publikum in bester Redneck-Manier als "Pussies" und "Assholes" und hat auch sonst viel Spaß. Dem zu früh verstorbenen Dimebag Darell und seinem liebsten Kraut wird mit "Hail the Leaf" und "Bury me in Smoke" gehuldigt. "Eyes of the South", "We knew him well", "Witch Tripper", "Lifer", "Lysergik Funeral Procession" und "Pillars of Eternity" werden auch "zum Besten" (da darf jeder seine Messlatte selber legen) gegeben. Und wie ein kleiner Junge (oder größenwahnsinniger Gott?) freut er sich darüber, dass er Songs einfach so anhalten kann: "I got the microphone, I got the power!". Na dann.

Ich versuche mir lieber einen akzeptablen Platz bei BEHEMOTH zu sichern (10 Minuten nachdem gefühlte 10.000 andere das auch getan haben), während Martin sich im Anschluss zu Down bei TWILIGHT OF THE GODS amüsiert. Total bescheuert, diese zwei Bands parallel voneinander auftreten zu lassen, wem ist denn bitte dieser Einfall gekommen?! Aber dafür sind wir ja zu zweit da. Folglich ist bei Twilight Of The Gods mit dem Gesangsgott Nemtheanga (bekannt durch Primordial) sehr wenig los und bei Behemoth befinden sich 90% aller Festivalbesucher und ich mich irgendwo dazwischen, mit meinen 1,70m eingeklemmt zwischen jeder Menge 2m-Hühnen. Und bekomme nichts mit. Die Lautstärke ist so dermaßen dezent, dass man sich fast normal unterhalten kann. Bei Behemoth! Nach der Hälfte der Spielzeit hab ich die Schnauze voll von der bisher verpassten Show und mache von meinem VIP-Privileg gebrauch. Tribüne! Hier erlebe ich hautnah beeindruckende Flammenwerfer, bedrohliche Nebelsäulen und das schwarze Glitter-Konfetti zum Schluss. Behemoth sind, wie immer, ein Garant für eine beeindruckende Show.

Parallel dazu spielen TWILIGHT OF THE GODS vor einigen handverlesenen Zuhörern im Zelt. Nemtheanga ruft seine treuen Jünger zu den Waffen ("This is a heathen metal call to Arms" aus "Fire on the Mountain") um musikalisch Barthory auch mit Songs wie "Children of Cain" zu huldigen. Zwischen den reitenden Gitarren von "Preacher Man" und dem lupenreinen Powermetal von "At Dawn We Ride" wird bekannt gegeben, dass es die letzte Show von Patrik Lindren von Thyrfing an der Gitarre ist. Ebenso werden ein paar Worte dem Ableben von Breeze-Mitveranstalter Michael Trengert gewidmet, der letztes Jahr gestorben ist und nach dem die überdachte Bühne jetzt "T-Stage" genannt wird. Zehn Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit wird das Set beendet, obwohl noch "The End Of History" als einziger Song vom Album gefehlt hat.

CHILDREN OF BODOM haben einige Anhänger mitgebracht (könnte vielleicht am Headliner-Status liegen...), doch da trinke ich lieber einen heißen Tee anstatt mich in der nassen Menge aufzuwärmen und betrachte den Auftritt auf den ab und zu funktionierenden Flatscreens im VIP-Zelt.

Danach versuche ich mich ein paar Minuten am romantischen Black Metal von WALDGEFLÜSTER, aber irgendwie beeindruckt mich der ansehnliche und oberkörperfreie Sänger mit seiner Stimme nicht so wirklich und ich begebe mich auf die Suche nach heißen, koffeinhaltigen Getränken, damit ich die zwei Stunden bis zum Auftritt von ALCEST in der feuchten Nacht überstehe.

Zu früher Stunde um 2:15 Uhr entführt Neige den geneigten Zuhörer dann endlich in seine ganz eigenen Shoegaze-Welten. Ich bin überrascht, wie voll das Zelt um diese Zeit ist, doch um den Weg in fantasievolle Traumlandschaften zu ebnen ist wohl keine Band besser geeignet. Den wundervollen Abschluss mit "Délivrance" widmet er Nemtheanga und Eklatanz welche beide den Auftritt aus erster Reihe mitverfolgt haben. Anschließend schlurfe ich mit halbgeöffneten Augen im Halbschlaf zu meinem Zelt und verkrieche mich unter der Decke. Gute Nacht!

Freitag

Der Regen am nächsten Tag hat immerhin den ungemeinen Vorteil, dass man länger schlafen kann und nicht mit Sonnenaufgang dank unbarmherziger Temperaturen aus seinem Zelt gejagt wird. Dank eines neuen, stabilen Pavillons wird versucht, die erste Mahlzeit (um 12 Uhr kann von Frühstück nicht direkt die Rede sein) halbwegs im Trockenen einzunehmen während meine Wärmflasche ein heiß begehrter Lebensretter ist.

Kurz danach reißt der Himmel sehr temporär auf und schnell wusele ich zur T-Stage um mir den Auftritt von OMNIUM GATHERUM nicht komplett entgehen zu lassen. Die Finnen sind sehr von sich selber überzeugt und präsentieren stolz ihre Kollektion an Bandshirts. Der Auftritt ist solide, wird aber schnell etwas eintönig, da die ruhigeren Stücke leider viel zu kurz kommen. Die Sonne zeigt sich immer noch und ich versuche in der Pause meine Vitamin-D-Speicher etwas zu füllen.

Wolfheart

Das ist auch dringend nötig, so geht es doch gleich danach mit WOLFHEART weiter. Tuomas Saukkonen, bekannt durch Before The Dawn, präsentiert sein neues melodisches Projekt, welches sich gut mit Bands wie Insomnium und älteren Katatonia messen kann. Wenn Omnium Gatherum eine fröhlicher Golden-Retriever auf der Frühlingswiese sind, dann schreitet hier ein Wolf durch düstere Winterlandschaften.

Frühstück für Martin: BENEDICTION bieten den Freunden des schweren Frühstücks zeitnah zu Wolfheart eine knallharte Alternative auf der Pain-Stage. Nach einem bedrohlichen Intro geht das Gebolze los und die UK-Death-Metal-Urväter aus Birmingham zeigen dem Summerbreeze zum ersten Mal ihr Können. Und so wird sich durch alle Kapitel ihres Oeuvres gespielt. "Unfound mortality" von "Transcend the Rubicon", welches erste zaghafte Moshversuche auslöst bis hin zum neuerem "They must die screaming". Da sie - völlig überraschend - mehr Zeit zur Verfügung haben als gedacht (Wohl zu schnell gespielt?) schafft es mit "The Dreams you dread" noch ein ungeprobter Song auf die Setlist, bevor "Magnificat" vom "Grind Bastard"-Album die Show beendet. 

Von Benediction geht es dann direkt rüber ins Zelt zu ANNEKE VAN GIERSBERGEN: Einen größeren Kontrast bekommt man auf dem diesjährigen Festival wohl nicht hin. Eben noch rasender in-die-Fresse-Death-Metal, jetzt das Honigkuchenpferdgrinsen der sehr rothaarigen Holländerin. Deren liebliche Stimme paart sich exzellent mit trip-hoppigen Synthie-Rhythmen und ihren Texten über das Leben und die Liebe ("You will never change", "1000 Miles Away from you"). Für die ruhige Ballade bleiben nur sie und die Keyboarderin auf der Bühne, danach wird wieder gerockt und auch Songs ihrer Ex-Band "The Gathering" dürfen nicht fehlen. The Best is yet to come…

Für mich ist an dieser Stelle erst mal eine Pause... Irgenwie machen sich dank der teilweise winterlichen Temperaturen Halsschmerzen breit und so gönne ich mir noch mal ein paar Stunden Schlaf um für die nächsten Gigs wieder fit zu sein.

Während ich mich auf den Weg zu AHAB mache, gibt sich mein Kollege die volle Doublebass-Dröhung bei HYPOCRISY, denn Peter Tägtgren und seine Mannen haben einen guten Tag erwischt und strotzen nur so vor Spielfreude. Nach neueren Songs ("End of Disclosure" und "Valley of the Damned") sorgt "Fractured Millennium" für ein erstes Highlight, das sich dann nur noch von "Roswell 47" als Abschluss toppen lassen kann. Für diverse Crowdsurfer endet der Auftritt dann wohl zu früh.

AHAB bieten dazu wohl einen dezenten Kontrast, denn der intensive Doom der deutschen Matrosen lässt einen einfach in die Knie gehen. Atmosphärisch in ozeanische Blau- und Grüntöne gehalten, geben die Herren ihre Stücke rund um die Geschichten von Moby Dick und Mythen der Meere wieder. Ein besonderes Zuckerstück ist der Tribut-Track "Wölfe" welcher zu Ehren der leider kürzlich getrennten (und somit nicht auf dem Breeze auftretenden) OMEGA MASSIF zelebriert wird. Mein persönlicher Favorit des Tages. Danke!

Wer von Hypocrisy nicht genug hatte, kann einfach ein paar Meter weiter zur Mainstage trippeln, denn dort tritt jetzt, tataaaa, der Headliner des diesjährigen Breeze auf, MACHINE (*fucking*) HEAD! Hier wird das aufgeheizte Publikum gerne übernommen. Und die nutzen die Gunst der Stunde und steigen mit "Imperium" knallhart ins Set ein. Frontsau Robb Flynn fordert das Publikum durchgehend zum Mitmachen auf und selbiges enttäuscht ihn nicht. Zwischendurch rotzt er dann noch ein obercooles Gitarrensolo nach dem anderen raus ("Locust"). Beim frenetisch bejubelten "The Blood, The Sweat, The Tears" wird es Petrus wohl zu bunt und er ruft mit einem ordentlichen Platzregen zur Ordnung. Doch spätestens bei "Davidian" muss auch er einsehen, dass das auch nicht hilft.
Selbst zwanzig Jahre alte Stücke wie "Old" vom "Burn My Eyes"-Album werden abgefeiert. Der Ignite-Gitarrist darf dann auch nochmal in die Saiten schlagen, bevor es Rauch und Konfetti zum großen "Halo"-Finale regnet.


Machine Head

Währenddessen hab ich mir schon einen strategisch guten Platz am Wellenbrecher vor der Painstage gesichert. Für Menschen mit kuriosem Humor und ausgezeichnetem Musikgeschmack gibt es hier nämlich eine Seltenheit zu sehen: DEVIN TOWNSEND PROJECT! Um die Umarbeitungspause möglichst kurzweilig zu halten werden auf der Leinwand in Hintergrund allerlei lustige Photoshop-Adaptionen von Devins Gesicht und berühmten Persönlichkeiten der Musik- und Filmgeschichte gezeigt. Zum Kugeln! Kaum auf der Bühne, wird der belustigte Zuschauer nach einer kleinen Ansprache auch gleich von der massiven Soundwall von "Seventh Wave" niedergewalzt. Yeah, Baby! Aber ist ja nicht alles lustig hier. Gibt ja auch Zucker. Und zwar in Form von der sowohl stimmlich als auch optisch liebreizenden Anneke v. Giersbergen. Diese unterstützt den Kanadier mit Tanz- und Gesangeinlagen wann immer erwünscht. Auch die Zuschauer beteiligten sich, "Numbered" sorgte dabei endlich mal für eine nicht vom Wetter kommende Gänsehaut. Mein Höhepunkt des Konzerts war dann der Song "Grace" bei dem auch ich lauthals mitsinge (Dank Lyrik auf der Leinwand auch passend). Das war‘s. Nee, Scherz. Der verrückte Professor der Prog-Welt lässt sich zu einer Zugabe bitten und heizt dem ganzen tanzwütigen Volk erfolgreich mit "Bad Devil" nochmal so richtig ein. Spaß, Spaß, Spaß! Wer das verpasst hat, ist selbst schuld.

INSOMNIUM lassen es etwas zeitlich versetzt nicht viel ruhiger angehen. Aber musikalisch doch etwas anders orientiert. Hier wird feinster, angeschwärzter Melodic Death Metal aus Finnland geboten. Die Herren bringen zwar schon einige Jahre an Bühnenerfahrung mit sich und haben Alben im Gepäck, bei dem sich wirklich jedes einzelne sehen lässt, dennoch wird man von technischen Problemen mit den Gitarren und dem daraus resultierenden Wechsel verunsichert. Man nimmt es mit Humor und heizt der Menge anschließend wieder mit dem Hit "Down with the Sun" ein. Groovende und hochmelodische Parts, das funzt. Und so rastet die Menge bei "One For Sorrow" so sehr aus, dass sie es sich nicht nehmen lässt, die eigenen Stimmbänder mit zu nutzen.

Zum Abschluss des Freitags gibt es noch ein paar romantische Schlaflieder von LAY DOWN ROTTEN, die ein paar hundert Interessierte dazu bringen, vor der Camel Stage stehen zu bleiben. Mit ihrem simpel gestrickten Death Metal machen die Hessen das Beste aus dem Sound der kleinsten Bühne.

Wer dann um 2:15 Uhr immer noch nicht genug hat, kann noch mit EINHERJER im Zelt auf Wikinger-Raubzüge gehen. Mache ich natürlich auch. In Gedanken und in meinem eigenen Zelt. In dem aber hoffentlich kein Wikinger liegt.

Samstag

Uäääh, es gibt noch mehr Regen. Bäh! Ab ins Zelt oder den inneren Schweinhund, äh, Bären bekämpfen? Mhmmmmainstage.

IWRESTLEDABEARONCE scheinen sich da auch nicht so einig zu sein und so verspätet man sich mal um 15 Minuten und fängt passend mit "Tastes like Kevin Bacon" zur Frühstückszeit an. Das Van Halen Jump-Intro führt zum vertrackten Prog-metal-math-wasauchimmer-Core, der zeitweise so klingt als wären die Monitorboxen kaputt und die Bandmitglieder spielen unabhängig voneinander, während sie mit aller Gewalt ihren eigenen Stil durchdrücken wollen, den sie aber selbst nicht genau kennen. Da wird munter Jazztrompete mit weiblichen Growls gemischt und andauernde Stil- und Tempi-Wechsel sowie der Einsatz von 80er-Jahre-Song-Samples lassen den verkaterten Zuhörer meistens ratloszurück. Zuviel Chaos am frühen Morgen.

 


KAMPFAR gehen da etwas straighter zu Werke und hauen uns ihren Black Metal mit Fokus auf dem neuen Album "Djevelmakt" um die Ohren. Aber auch die Old-School-Puristen kommen mit "Troll, Dod og Drolldom" auf ihre Kosten.

Dunkel geht es mit THYRFING weiter. Zumindest in Gedanken. Denn passend zu dem ganz arg bösen Viking Metal kommt die strahlende Sonne raus. Eine der wenigen Momente wo sie sich mal wirklich hinter düsteren Wolken verstecken hätte können. Dennoch schaffen die Schweden es mit ganz viel Kunstblut und schwarzer Farbe ein bisschen Atmosphäre aufzubauen.

Anschließend passend zum Wetter: TRACY ATE A BUG. Happy Heavy Metal Core! Aber bitte mit Ketchup und Math. Crowdsurfen oder Wall of Death? Bitte beides! Welches Spielzeug? Ach, einfach mal wahllos Merch in die Meute schmeißen. Die Hüpfmännlein aus Köln haben ihre Fans an die Hand genommen und hoch motiviert durch ihr eigenes Abenteuerland geführt.

Das war es jetzt aber auch erst mal mit der guten Laune. IMPERIUM DEKADENZ reißen einen mit in finster-melodiöse Lieder und bösem Gesang wieder in die Tiefen des Black Metal. Wenn man aus dem Schwarzwald kommt, darf man seinen 10jährigen Geburtstag auf dem Summerbreeze feiern. So wurde der Entstehung auf eben jenem Festival mit einer kleinen Ansprache erinnert und man bedankte sich sogar für die jahrelange Treue. Gern geschehen. Beim Abschluss von "Tränen des Bacchus" übergießt man sich mit Bier und die Party neigt sich dem Ende.



Herr Kollege, was wird einem bei OBITUARY geboten? Antwort: Alte Säcke spielen High-Speed-Riffs. (Alte Säcke? Das sagt der Richtige) In das Oldschoolset haben sich auch ein paar neuere Stücke geschlichen, das ist aber eigentlich egal, weil einer Weiterentwicklung des Obituary-Sounds nur rudimentär stattfindet. "Slowly we rot"! Na fein.

Da lasse ich mich doch lieber etwas anspruchsvoller angammeln. Mit einem Hauch Weihwasser. ROTTING CHRIST! Aber vorerst gönne ich mir ein paar Takte von CRIPPER. Frau Görtz sorgt mit männlicher Unterstützung an den Instrumenten und ordentlichen Thrash für eine nachmittägliche Sporteinlage. Und zur Motivation wird dann auch auf dem Bauch gecrowdsurft. Ja richtig. In der beschaulichen Gegend rund um Hildesheim und Hannover ist man nicht so kontaktscheu!

Aber zurück zu ROTTING CHRIST. Die Griechen produzieren sehr mitreißend präsentierten Black Gothic Metal. Der Sprechgesang ist zwar monoton und das Songwriting eher simpel gehalten, aber die Begeisterung der Zuschauer und Headbanger wird dadurch trotzdem angefacht. Die Stimmung im dunklen Zelt ist intensiv und von Circle und Moshpits sowie einer Wall Of Death ist alles dabei. Party!



Aufgeheizt geht es danach weiter zu FJOERGYN auf die kleinste Bühne, und tatsächlich wirken die fünf Mannen auf den Brettern etwas beengt, während sie ihren suizidalen und menschenhassenden Black Metal auf die versammelnden Hörer niederprasseln lassen. Die "Katharsis" wird herbeigeschrien, der "Anti-Mensch" mit Hilfe des Publikums heraufbeschworen und das "Ende der Welt" propagiert. Bevor nach 30 Minuten schon wieder alles vorbei ist und SEPTICFLESH rufen.

Septicflesh


Hier geht es griechisch weiter mit atmosphärischem Death Metal, welcher bedeutend schneller als beim Vorgänger Rotting Christ die Gehörgänge der Fans verprügelt. Bei dem Tempo vibriert der Boden im Takt der Doublebass. Natürlich gibt es auch Stücke vom neuen Album "Titan", wie zum Beispiel "Order Of Dracul" mit seinen Cembalo und Chorgesang (verständlicherweise nur vom Band). Man wird durchgehend als "Motherfucker" bezeichnet und ein "Happy to be here" darf man bei den Griechen wirklich nicht erwarten. Man ist trotzdem (oder gerade deswegen?) begeistert und die drehenden Köpfe versuchen dem teilweise irrsinnig schnellen Beat gerecht zu werden. Erfreulicherweise ist der Sound schön hoch gedreht, sodass man von der Hauptbühne nichts mitbekommt.

Dort trällert TARJA TURUNEN ihre eigenen Lieder und auch das schon mit Nightwish gecoverte Gary Moore-Stück "Over the Hills and far away".

Wer denkt, dass damit der unmetallischste Tiefpunkt des Festivals erreicht sei, der hat die Rechnung ohne MONO INC. gemacht. Simpelster Rammstein-Viervierteltakt-Gitarrenrhythmus trifft auf mit ohrenschmeichlerichsten Melodien vertonte Kinderreime. "Heile, heile Segen, drei Tage Regen". Ernsthaft? Wer das gut findet, der trifft auf dem nächsten Helene Fischer-Konzert sicherlich Gleichgesinnte. Da hilft es auch nicht, Iggy Pop zu covern.

Danach hat man erst mal die Schnauze voll und zieht sich in ruhigere Gefilde zurück. Pünktlich um 23 Uhr nimmt man dann mit einem Heißgetränk seiner Wahl auf der (leider nicht beheizten) Tribüne neben der Mainstage Platz. HEAVEN SHALL BURN spielen auf zum Tanze (und sonstigen Späßen und Klamauk). Hier ein kleiner Tipp: Auf einer Luftmatratze crowdzusurfen ist sicher geil. Aber nicht in Richtung Wall of Death. Sah aber von weit weg ganz lustig aus. Aber zurück zum Auftritt: Die sympathischen Thüringer wissen zwar nichts komplett Neues zu bieten, aber ähnlich wie bei Behemoth kann man bei dem Bandnamen von einer grandiosen Show ausgehen. Siebzehn Songs werden dargeboten, darunter nicht nur Lieblinge wie “Voice Of The Voiceless" und “Black Tears", sondern auch seltene Liveraritäten wie „Of No Avail" und “The Disease". An Effekten wird alles geboten: Glitzerkonfetti, Pyrofontänen, sowie Feuer- und CO2-Kanonen. Bei all der guten Laune werden die letzten Minuten dennoch dem verstorbenen Michael Trengert gewidmet und sein Foto erfüllte den Hintergrund der Mainstage bis zum bitteren Ende.

Unvermittelt danach gönne ich mir auf der Camelstage noch ein paar Minuten von ZATOKREV, welche für Omega Massif spielen. Meiner Meinung nach eine gute Band, aber kein akzeptabler Ersatz. Trotzdem bauen die Schweizer eine brachiale Sludge-Doom-Welle auf, welche über das mehr oder minder aufmerksame Publikum hinweg walzt.

Obwohl an diesem Abend noch ein paar Hochkaräter auf dem Breeze spielen (WATAIN, SAHG, BIOHAZARD und MANTAR) ist für mich an dieser Stelle Schluss. Der mal wieder konstante Nieselregen in Kombination mit den Temperaturen um die fünf Grad machen keine Lust mehr auf draußen und so verabschiede ich mich wehmütig vom Summerbreeze und kuschel mich für eine letzte Nacht in mein (leider immer noch nicht wärmeres) Zelt.

 

Alle Bilder von Toni Gunner, http://mondkringel-photography.de/

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Kategorie

Headliner

Children of Bodom, Machine Head, Heaven Shall Burn

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Dinkelsbühl

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