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Peavy von RAGE im Interview

“Afterlifelines” ist gerade erfolgreich veröffentlicht worden und RAGE bereiten sich im Proberaum auf die kommenden Shows vor. Obwohl es an diesem Wochenende losgeht, um ab Dienstag drei Shows in Japan zu spielen, hat sich Frontmann Peavy Zeit genommen, um einige Fragen zu beantworten.
Man merkt, dass man älter wird, wenn man im Schrank Shirts mit der Aufschrift „10 Years – Up The Irons“ oder „Ten Years in Rage“ findet. Denn diese Zeiten sind mittlerweile 30 Jahre her und RAGE feiern mittlerweile das 40. Bandjubiläum – auch wenn PEAVY dazu die AVENGER Zeiten hinzurechnet.
In dieser Zeit ist viel passiert und RAGE sind als Band durch Höhen und Tiefen gegangen, haben verschiede Line-Ups gesehen und mussten, wie viele Leidgenossen, während der Corona-Zeit wohl eine der härtesten Bewährungsproben bestehen. Zudem feiert Peavy dieses Jahr den 60. Geburtstag, ein Alter, in dem viele Menschen beruflich kürzertreten und an Altersteilzeit und Vorruhestand denken. Bekanntlich gehört Peavy eigentlich nicht zu dieser Gruppe Menschen. Dennoch sei die Frage erlaubt, inwiefern nach 40 Jahren und den unterschiedlichen Erfahrungen nicht doch bei jedem Album auch der Gedanke mitschwingt, dass es sich um das letzte Album der Band handeln könnte, also quasi um das Vermächtnis von RAGE.

P: „Natürlich denk ich manchmal über meinen Tod nach, allerdings weniger, wenn wir uns an die Arbeit an neuen Songs machen. Da steht der Spaß an der Sache klar im Vordergrund, da genieße ich den Augenblick.“

Und obwohl beim Songwriting der Spaß an der Sache im Vordergrund steht und RAGE nie eine zu vordererst politische Band waren, finden sich auf „Afterlifelines“ doch auch wieder jede Menge kritische Songtexte, z. B. „Waterwar“, „Mortal“ oder „Toxic Waves“, bei dem es um die Verschmutzung der Meere durch Plastik geht. Ein drängendes Problem. Und doch gibt es derartige Texte nicht erst seit heute. Bereits in den 80er und 90er Jahren prangerten Bands wie NUCLEAR ASSAULT („Critical Mass“), TESTAMENT („Greenhouse Effect“), ANNIHILATOR („Stonewall“) oder STIGMATA IV („Nature’s Revenge“) den problematischen Umgang des Menschen mit der Umwelt an. Andererseits fliegen Bands für Touren rund um die Welt, wird Musik auf Vinyl gepresst, werden CDs nach wie vor in Plastikfolie verschweißt usw. Nur wenige Bands, z. B. DRITTE WAHL, scheinen sich um mehr Nachhaltigkeit zu bemühen. Doch in den meisten Fällen produziert jede Band mit ihrer Musik uch jede Menge Müll.

P: Haha, ich hoffe doch, dass unsere LPs nicht im Müll landen! Aber im Ernst, diese ganze Debatte geht mir eher auf die Nerven. Das ist total uneffektiv für den Globus, wenn wir uns gegenseitig zerfleischen, wer denn persönlich nachhaltiger lebt als der andere, das hat mittlerweile schon hysterische und religiöse Züge angenommen. Die wirklich wichtigen Stellschrauben sind bei den großen Global Players zu suchen, nur da kann man wirklich was verändern. Und das ist ja genau deren Spiel, uns ein schlechtes Gewissen machen, damit niemand ihnen ihr Schachern um die größten Profite einschränkt. Wir leben nun einmal in dieser Welt, es geht den meisten Menschen mittlerweile vergleichsweise gut, mit einem gewissen Grad an Wohlstand und das sollte auch so bleiben, man kann doch niemanden dazu zwingen, wieder auf Steinzeitniveau zu leben, und das bedeutet eben auch, dass jeder Mensch auf diesem Globus auch einen Teil Ressourcen und Energie verbrauchen (muss). Das ist der Preis, dass wir in solch großer Zahl leben. Natürlich bedeutet das nicht, das man gedankenlos verschwenden oder zerstören kann, und das beschreibe ich genau in meinen Texten, aber wir sollten lieber in größerem, globalem Rahmen denken, als uns gegenseitig fertig zu machen, wer denn persönlich der bessere Weltenretter ist...

Anders als andere Bands, denken RAGE aber zumindest in personeller Hinsicht „local“, denn während JUDAS PRIEST an verschiedenen Stellen der Welt aufnehmen, sich die Mitglieder zahlreicher Projekte überhaupt noch nie persönlich getroffen haben, kommen RAGE gemeinsam ins Studio, um eine Platte aufzunehmen.

P: Wir leben zum Glück alle nah beieinander, auch haben wir unser eigenes Studio.
Ein großer Vorteil. Neben sich wandelnden Aufnahmemöglichkeiten und -gewohnheiten, haben sich auch die Hörgewohnheiten der Hörer verändert. Viele Menschen streamen Musik und haben nicht mehr die Geduld, ein ganzes Album in ihrer Gesamtheit zu genießen. Wenn bei einem Song nicht gleich etwas passiert, wird schnell weitergeklickt. Mit welchen Songs vom neuen Album kann man denn die Hörer für die beiden Albumteile „Afterlife“ und „Lifelines“ gewinnen?

P: Ich meine, wir haben sie bereits als Singles ausgekoppelt: „Under a Black Crown“ und „Cold desire“.

Und auch für Printmedien ist durch die Online-Konkurrenz die Luft dünner geworden. Das aktuelle ROCK HARD enthält aber nicht nur eine ausführliche RAGE Story, sondern auch eine exklusive CD der Band. Wie wichtig sind Printmedien heute noch für eine Band wie RAGE?

P: Das kann ich nicht wirklich beurteilen. Für mich als Oldschool Analog Mann ist das auf jeden Fall eine erfreuliche Sache...

Und wer sich voller Vorfreude auf die kommenden Shows der Band, z. B. im Mai beim ROCK In RAUTHEIM, vorbereitet, der darf sich beruhigt zurücklehnen, denn PEAVY wird wie gewohnt in seiner Doppelrolle als Sänger und Bassist auf der Bühne stehen. Einen Bassisten für Liveshows wird es bei RAGE, anders als bspw. bei BLIND GUARDIAN, nicht geben.

P: Ich empfinde das nicht als Belastung, daher ist das kein Thema für mich...

Bild Copyright:
Oliver Bob

Infos

  • Erstellt am

    08. April 2024
  • Line Up

    Peter “Peavy” Wagner (vocals, bass)
    Vassilios “Lucky” Maniatopoulos (drums)
    Jean Borman (guitars)
  • Redakteur

    Thorsten Zwingelberg