Während also die Hochzeitsglocken in ländlicher Gegend die vermeintlichen Musikexperten aus Nah und Fern zur Eheschmiede rufen, pulsieren die Anzeigen meiner Anlage weit im roten Bereich. Genauso, wie es die Packungsbeilage zum vierten CRUCIFIED BARBARA Album verspricht.

Schon mit den ersten Noten wird klar, dass Lemmys Liebesgeständnis an den Rock’N’Roll (auf dem gleichnamigen Album) Schnee von gestern ist, denn Mia, Ida, Klara und Nicki würden für den Rock’N’Roll sogar ihre Kinder verkaufen. Und dass dies nicht nur leere Drohungen sind, beweisen sie mit brüllenden Gitarren, die dazu noch dreckiger als jemals zuvor aus den Amps des Quartetts dröhnen. Dagegen wirken Evergreens wie „Rock’N’Roll Bachelor“ fast wie musikalische Gehversuche katholischer Betschwestern. Doch die Mädels sind auch ihren Wurzeln treu geblieben, wie sich in Songs wie „Do You Want Me“ zeigt. Zum harten Rock der Anfangstage hat sich jedoch eine gehörige Portion Staub und Dreck gesellt und das Songwriting ist insgesamt kompakter geworden, so dass die Energie der Songs ungefiltert aus den Membranen donnert. Und wie das Album beginnt, so endet es auch: schnell und dreckig. „I Sell My Kids For Rock’N’Roll“ und „Follow The Stream“ schließen den Kreis eines wirklich runden Albums, auf welchem der Schwedenvierer gekonnt Einflüsse aus vier Jahrzehnten harten Rocks zu einem genuinen Ganzen vereint – ich nenne es einfach mal „Metock“, eine unbarmherzige Mischung aus Metal und hartem Rock. Mit „Electric Sky“ oder dem fulminanten Opener haben sich die Mädels jedenfalls einige weitere Pflichtsongs auf die Liveplaylist geschrieben.

In Zeiten der Superlative tut es gut, wenn endlich mal wieder eine authentische Band auf den Spuren Spinal Taps wandelt und dem Lautstärkeregler des Amps die Stufe 11 hinzufügt, denn dass man „In the Red“ am besten bei voller Lautstärke genießen sollte, ist ja wohl klar.

Lasst die anderen zu WENDLER Hits und IN FLAMES Schmusemetal durch die Bierzelte und Festsäle der Republik wanken, wir drehen den Lautstärkeregler einmal um die eigene Achse und beobachten, wie die Nadel des Equalizers den roten Bereich durchquert. „In the Red“ ist der passende Soundtrack für alle Abrissgesellschaften, Daheimgebliebenen, Nachbarnhasser und unkaputtbaren Rockröhren dieser Welt. CRUCIFIED BARBARA sind mit einem musikalischen Urknall zurück. Und wer so viel Rock’N’Roll im Blut hat, schreit den sirengleichen Hochzeitsglocken auch nur „Don’t Call On Me“ entgegen und drückt die Repeat-Taste.