Welken Nächten“ ist in seiner unfaßbaren Schönheit gleich, dem Aufblühen einer prachtvollen Blume namens Leben, gleichzeitig aber auch karg, trostlos und schmerzvoll wie das Verblühen einer solchen. Zwischen diesen Endpunkten stehen düstere, dynamische Oden voll packender Theatralik und Dramatik. Oden, die trotz des vertonten Schmerzes einem Rausch gleichen, aus welchem der Hörer, der den Mut und die Phantasie aufbringt, sich in den Kompositionen dieser Künstler vollends zu verlieren, auch nach dem Verklingen der letzten Note keinen Ausweg finden wird, - aber wer will das schon! So trifft der in „Wer hat Angst vor Einsamkeit?“ pathetisch besungene Stich tatsächlich mitten ins Herz des gebannt lauschenden Hörers, bevor „Her Von Welken Nächten“ weitere, alle Sinne betäubende, Gefühlsschwaden herbeiziehen. Völlig neu läßt sich in diesem Zusammenhang besonders der Begriff Komplexität verwenden, beschränken sich Dornenreich doch keineswegs auf eine musikalisch (Wobei vielleicht schon angemerkt werden muß, dass bei Dornenreich im „Hintergrund“ soviel passiert, dass andere Bands ganze Alben damit füllen könnten!), sondern vielmehr auf eine Gefühls-Komplexität, welche in der Verschmelzung aus Poesie und Musik ihre eindrucksvolle Offenbarung findet. Diese Offenbarung erfolgt dermaßen tiefgreifend und fesselnd, daß man mit Evíga am liebsten gleichziehen möchte und seine Schmerzen und seine Verzweiflung ebenfalls voller Inbrunst herausschreien will, bevor die Seele zwischen den ruhigen, aber nicht minder intensiven, flüsternd vorgetragenen Liedern „Innerwille ist mein Docht“ und „Hier weht ein Moment“ kurze Entspannung findet. Mit dem erhabenen „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“ findet diese jedoch ihr jähes Ende, bevor „Trauerbrandung“ wie Donnergrollen über den Zuhörer hereinbricht und sich alle Schmerzen endgültig in Evígas, vor Verzweiflung bebender, Stimme entladen. „Mein Publikum – Der Augenblick“ kommt schließlich mit einem Schwelgepart in der Mitte des Liedes daher, der zu schön zum Sterben ist, in seiner simplen Emotionalität gleichzeitig aber auch dermaßen vollkommen ist, dass man sich den Tod schon fast herbeizusehnen beginnt, um nie wieder anderen minder intensiven Klängen lauschen zu müssen. – „Her Von Welken Nächten“ ist das Meisterwerk, von welchen ich schon immer geträumt zu haben scheine und ist mir in all seinen Facetten wahrscheinlich deshalb so vertraut (manchmal habe ich das Gefühl, das Album schon immer zu kennen) und nah, wie kein anderes Kunstwerk zuvor. Sicherlich gibt es viele Alben die mich faszinieren, fasziniert haben und faszinieren werden, doch keines ist ähnlich der Perfektion von „Her Von Welken Nächten“! Auch nach zahlreichen Durchläufen, bin ich fest davon überzeugt, dass mich niemals ein Album dermaßen tief berührt hat, wie es das dritte Werk der österreicher schafft. Schon nach dem ersten Hören hinterließen die letzten Klänge dieses Epos, einen fassungslosen Rezensenten, welcher, am ganze Körper mit Gänsehaut beglückt wart, und sprachlos aber glücklich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Ich verneige mein Haupt in dankender Ehrfurcht vor diesem Meisterwerk und den Künstlern Gilván, Valñes und Evíga! – In diesem Sinne: „Gänsehaut statt Gänsemarsch“!