Dann knackt es im Unterholz und unter Getöse brechen Trolle her-vor!
So oder ähnlich beginnt die neue Finntroll-Scheibe „Ur Jordens Djup“ („Aus den Tie-fen der Erde“), auf welche die mittlerweile stark gewachsene Fangemeinde immerhin drei Jahre warten musste. In der Zwischenzeit ist einmal mehr das eingetreten, was man im Flüsterton schon als „den Finntroll-Fluch“ bezeichnet: Nachdem die Band in der Vergangenheit ständig Mitglieder verloren hatte (Sänger Katla durch stimmbandtumorbedingtes Ausscheiden, den Gitarristen Somnium durch einen mysteriösen Sturz von der Brücke), hat auch Sänger Tapio Wilska auf Grund von Meinungsverschiedenheiten Anfang 2006 die Band verlassen. In Mathias „Vreth“ Lillmåns hat die Truppe einen neuen Front-Troll gefunden – möge er ihnen lange erhalten bleiben!
Nachdem die letzte Veröffentlichung, „Nattfödd“, ob ihrer schwachen 36 Minuten Spielzeit Enttäuschung auslöste, ist die neue Scheibe guten Dreiviertelstunde (Netto) wenigstens ein bisschen länger. Auch führt das Album die Entwicklung fort, welche schon mit „Nattfödd“ eingeläutet wurde: Finntroll sind um einiges düsterer geworden. Die Anleihen aus dem Melodic Black Metal sind deutlich dominanter, das „Marken-zeichen Humppa“ bleibt stärker im Hintergrund und tritt am häufigsten noch im Re-frain in Erscheinung.
So ist etwa der erste Track „Sång“ nach fast vierminütigem Intro ein dunkles, atmo-sphärisches Stück, in dem allerhöchstens der Rhythmus ein wenig an Finntrolls folki-ge Wurzeln erinnert. Die Befürchtung, Finntroll hätten hier ein reines Black Metal-Album produziert, wird glücklicherweise kurz darauf entkräftet: „Korpens Saga“ könn-te leicht ein neues Aushängeschild für die Band werden, wie es „Trollhammaren“ für das „Nattfödd“-Album war. In gewohnter Manier verbindet das Sechsergespann hier finnische Humppa-Musik mit treibendem Metal und verwandelt den Track in einen folkig-fröhlichen Stampfer.
Das Kommende spielt irgendwo zwischen diesen beiden Extremen: „Nedgång“ steu-ert atmosphärische Epik mit teils gesprochenen Passagen bei, „Slagbroder“ bedient eher rotzigen Black Metal mit zu Anfangs fürchterlich verzerrten Vocals, während Humppa-Tracks wie „Maktens Spira“ oder „En Mäktik Här“ zum Feiern einladen (Letzter Titel darf sich fraglos rühmen, einer der stärksten Finntroll-Songs in einer langen Zeit zu sein). Abgerundet wird das Ganze durch ein wunderschönes, ruhiges Akustik-Lied, an welches sich nach minutenlanger Stille noch ein kurzer, instrumenta-ler Bonustrack anschließt – eine Art Trollhymne, aufgenommen von wahrscheinlich sturzbetrunkenen Bandmitgliedern.
Mit „Ur Jordens Djup“ legen Finntroll zweifelsohne ein Album vor, welches eine sehr gewandelte Band zeigt. Vom schwarzweißen Cover bis zu den einzelnen Stücken wird deutlich, dass die wilden Humppa-Zeiten von „Midnattens Widunder“ nicht mehr so dominant sind. Der Wind weht um einiges rauer, der Schwarzmetallgehalt wurde deutlich angezogen - was der Musik jedoch keinen Abbruch tut. Das Album ist mit Sicherheit eines der vielfältigsten der sechs Trolle und bietet ein paar wirklich starke Nummern. Das sollte es übrigens nicht nur der Fan-Gemeinde und der Verkaufszah-len wegen. Schließlich ist „Ur Jordens Djup“ nicht irgendeine Veröffentlichung: Mit dem Release fällt auch das 10-jährige Gründungsjubiläum der Band zusammen. Und dass bei dieser Truppe gehörig gefeiert wird, bleibt kaum zu bezweifeln… Ein solider Einstand, welcher vergangene Jahre ehrt und spannende künftige verheißt!