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TIEFLADER feiern 25 jähriges Bandbestehen. Und dazu wird das Kalenderjahr 2024 mit einem neuen Album mit neun Songs eröffnet. Besser hätte für mich als Rezensent nach gut acht Monaten sehr zurückhaltender Redakteurtätigkeit (berufsbedingt) die Rückkehr nicht begleitet werden können.

TIEFLADER spielen sehr groovenden Metal mit deutschen Texten (auch wenn auf diesem Album auch mal englische Worte z. B. das Reimschema aufgreifen müssen oder einfach prägnantere Formulierungen bilden ("Say Goodbye", "Go To Hell", "Pay the ferryman" usw.).
Das bekannteste Bandmitglied ist sicherlich der Gitarrist Alex Scholpp. Er ist vor allen Dingen weltweit durch die Mitgliedschaft in der Band TARJAs zu einigem Ruhm als klasse Gitarrist gekommen. Mir liegt er seit 1996 positiv in den Ohren: Ein Review im lokalen Fanzine NO COMPROMISE über das Album Countrified seiner ersten Band FARMER BOYS animierte zum Kauf der CD im leider heute nicht mehr existierenden Hildesheimer Plattenladen GUM, der quasi am Fuße des städtischen Hügels lag, auf dem das Gymnasium stand, das ich besuchte. Sentimentalität Ende. Springen wir in die Gegenwart:
Beginnen werde ich mit einem generellen Lob wegen des Bandsounds an den Produzenten, die Aufnahmeleiter und den Toningenieur/Mixer:
Beim Schlagzeug hört man die Felle der Toms unter der Einwirkung der Sticks bzw. Klöppel, vor allen Dingen bei der Fußmaschine, und nicht ein steriles Ploppen wie bei einigen anderen gegenwärtigen Metal-Produktionen mit ihrem sterielen und digitalerzeugt wirkenden Drumsound.
Die Bassgitarre trägt die tiefen Frequenzen ein ohne zu matschen. Schlagzeug und Bass sind wörtlich das dynamische Fundament für das Mitreißen der Hörerschaft in jedem Lied.
Der Gesang setzt noch seine Akzente drauf und ist absolut passend, "Doc" Schneider shouted mit relativ klarer Stimme. Beim Lied Such Dein Glück kommt einem Robb Flynn in den Sinn, wenn er im Chorus unter Begleitung der aufsteigenden Bendings Alex Scholpps Komm such Dein Glück herausbrüllt.
Der Gitarrenton und die Spielweise sind "typisch" Scholpp: Akkordriffing und Single Note Licks, manchmal Palm gemuted, manchmal ausklingend und alles mit schnalzender Zerre, die vor allen Dingen eine differenzierte Saitentrennung zeigt - auch bei Downtunings. Alles im Geiste Eddie van Halens und Dimebag Darrells. Nur, dass Herr Scholpp schon selber einen Signatureton und -stil über die Jahre gefunden hat.
Der Gesamtsound der Band wirkt auf mich sehr natürlich, wie live im Studio aufgenommen unter dem bestehenden Hallbedindungen des Raumes. Kompositorisch sind die Nummern keine komplexen Arrangements, sondern es sind alles sehr straight auf Eingängigkeit und Groove ausgerichtete Lieder.

Die Presseinfo betont lyrische Inspiration durch Heinrich Heine und Johann Wolfgang Goethe bei den Songs Und wär nicht die Liebe und Überall ist Ruh. 
Ob ich die Texte der Songs auf dem vorliegenden Album richtig interpretierte, weiß nur der Autor der Songtexte. Meine Assoziationen bildeten sich aus, als ich das Album auf der dreistündigen Fahrt von Köln nach Hause achtmal Song für Song konsumierte. Nachfolgend stelle ich an ausgewählten Beispielen meine Gedanken dar: 
Der Opener ist gleichzeitig Stifter des Albumtitels Götter aus Metall. Man könnte es so interpretatieren, dass hier das Götzentum von Autos (oder motorbetriebenen Fortbewegungsmitteln) kritisiert wird - und das in einem Land, über das ein ruheständlicher Formel 1-Fahrer sagte, Autobahnen ohne Tempolimit sind deutsche Leitkultur und damit muss Widerstand geben gegen eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung.
Mir sind ferner einige christliche Bezüge auf dem Album aufgefallen. So beginnt es schon beim Cover, bei dem der Gekreuzigte auf einem Haufen Metallschrotts als Querträger eine Bombe trägt. MANOWAR nahmen das Motiv eines brünetten H-Mans mit emporgereckten Schwert. Man könnte es fast als ironischen Kommentar Tiefladers auf solche fiktiven Heronen auffassen, wenn man Jesus auswählt und ihn eine Bombe auf dem zarten Schultergurt balancieren lässt. Beim Song Deine Schuld findet man das Motiv vom Menschen in seinem Streben gottgleich zu sein (also die Ursünde), es funktionierte nicht bei der Titanic, die unterging, es funktionierte nicht bei Daedalus und Ikarus, die gemäß der griechischen Sagenwelt im Größenwahn als Menschen wie Vögel fliegen zu können, der Sonne (den antiken Gottheiten oder Zeus als helenitischen Gottvater) zu nahe kamen und abstürzten. Ferner spricht man bei Go To Hell mit Gott schnell zu gehen (auf in die Hölle), dabei den Herrn um Vergebung bittend. Beim Lied Endlich frei ist u. a. die aus den bekannten Gebeten Vater unser und Apostolisches Glaubensbekenntnis Glaubenserwartung und Hoffnung und auf das ewige Leben ("Was uns winkt, ist Ewigkeit."). Und wär nicht die Liebe ist passend zu unserer von Katastrophen/Kriegen/Zukunftsfragen und -sorgen geprägten Zeit mit der Liebe als einziges, was noch Licht und Halt bietet und damit nicht in die Lethargie zu verfallen, sondern immer wieder die Ärmel hochzukrempeln. Und an das auf die Welt gekommene Licht erinnert sich der Christ an Weihnachten. Der Prechorus von Und wär nicht die Liebe lautet "Gestorben ist der Herrgott schon, unten ist der Teufel tot [?]". Ich würde eher sagen, dass ein Gott in der Annahme kein Lebenwesen zu sein, damit nicht mit Leben und Tod beschrieben werden kann, nur der Mensch kann selbst gottlos sein (weil es an so was nicht glaubt) oder werden [weil (ein) Ereignis(se) dazu führte, den Glauben zu verlieren], genauso verhält es sich mit dem Gegenpol Teufel. Daher sehe ich das als Metapher, dass wenn weder Gott noch der "Luzi" dem Menschen einen Anker böten, die das Gefühl der Liebe wirkmächtig ist.
       
Die Krähen und Die Welt ist unser Traum beenden das Album düster und sehr energetisch. 
 
Wehmut stellt sich ein wenig ein, weil das Album nach ein paar Flaschen Dinkelacker schon vorbei ist. Also nach bummelig 35 min Genusszeit. ICH erwarte bei der Bezeichnung Album mehr Spielzeit, mind. 45 min. Umme 30 min ist für mich EP Länge.
Es hätte für mich daher durchaus ein längeres Album sein können. Es endet leider, wenn man richtig in Fahrt gegroovt ist.
In der Kürze liegt die Würze war demnach das Credo am Neckar.

Wenn auch wirklich alle Songs sehr eingängig sind, haben sich für mich folgende Highlights herauskristallisiert: Deine Schuld, Endlich frei, Und wär nicht die Liebe, Go To Hell, Die Krähen.

Auf die nächsten 25 Jahre, TIEFLADER, und danke für diesen hervorragenden und zum Kopfnicken und Mitwippen animierenden Start in 2024!

(Hinweis: Das Album wird ausschließlich nur in Dateiform *.mp3 vertrieben.)

Kategorie

V.Ö.

19. Januar 2024

Label

Eigenverlag

Spielzeit

ca. 3,5 Flaschen Dinkelacker (35:41 min)

Tracklist

01 Götter aus Metall
02 Und wär nicht die Liebe
03 Such Dein Glück
04 Go to Hell
05 Deine Schuld
06 Überall ist Schuld
07 Endlich frei
08 Die Krähen
09 Die Welt ist unser Traum

Line Up

Patrick Schneider - Gesang
Alex Scholpp - Gitarre
Robert Swoboda - Bass
Benjamin Baur - Schlagzeug

Bewertung

1

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